Albert Weis

état (vitreux)

Die Architektur des neuen Bundeswehrzentralkrankenauses in Koblenz ist von einem minimalistischen und klar strukturierten, horizontal ausgerichtetem Erscheinungsbild gekennzeichnet, im Inneren vorwiegend von einem sachlichen Funktionalismus und Farbkonzept.

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Die Architektur des neuen Bundeswehrzentralkrankenauses in Koblenz ist von einem minimalistischen und klar strukturierten, horizontal ausgerichtetem Erscheinungsbild gekennzeichnet, im Inneren vorwiegend von einem sachlichen Funktionalismus und Farbkonzept.

Der Vorschlag état verortet sich an der Schnittstelle von Innen und Außen, an der prägnanten Magistrale, die sich im 1. Obergeschoß fast über die gesamte Eingangsfassade hinwegzieht.

Wie der Titel andeutet, besteht der Vorschlag aus Glas. Unterschiedlich farbige Glasscheiben bilden unterschiedlich lange und jeweils 50 cm hohe Streifen, die entlang der Fensterfassade der Magistrale montiert werden. Die Gläser werden über drei parallel verlaufende Schienen ca. 15 cm von der Decke abgehängt und haben zueinander einen Abstand von ca. 12 cm. Die Gläser bestehen aus 2 x 3 mm Weißglas und 3 mm Echtantikglas, das mit 4 x 0,76 mm PVB-Folie verklebt ist (Verbundsicherheitsglas plus Echtantikglas).

Die Farbigkeit, Länge und Position der Gläser orientieren sich am architektonischen Farbkonzept des Krankenhauses. Einzelne Stationen auf den unterschiedlichen Stockwerken sind bestimmten Farben zugeordnet, die hauptsächlich aus Blau-, Grau- oder Braun- und Rottönen bestehen. Diese Farben werden in das Farbrertoire von Echtantik-Glas übersetzt, teilweise zusammengefasst und in ihrer Kombination neu interpretiert. Insgesamt entstehen 6 Farben: Ein helles und ein dunkles Blau, ein warmes, helles Grau, ein bernsteinfarbenes Braun, ein heller Rosaton und ein dunkelviolettes Rot.

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Die Farbstreifen verweisen mit ihrer Position und Länge auf die den Farben zugeordneten Stationen, die sich nicht nur auf dem 1. OG, sondern auf allen Geschossen befinden. Dies geschieht jedoch nicht streng verbindlich, sondern wird unter kompositorischen Aspekten neu gedacht. So verschiebt sich der rechts außen befindliche blaue Streifen in die Mitte Richtung Treppenhaus und stellt so mit dem Blau einer anderen Schiene eine fast durchgehende Konstante dar. Die Farben beziehen sich auf das Farbkonzept des Krankenhauses, sie sind aber nicht verbindlich, sie sind kein Leitsystem.

état ist eine freie Interpretation, eine neue Komposition. Über das Spiel von Licht und Schatten enstehen über die Länge der Magistrale behutsame Farbräume, sowohl beim Blick von Innen nach Außen als auch im Inneren der Magistrale. Da, wo mehrere Gläser parallel hängen, entstehen durch die Überlagerungen zusätzliche, neue Farbtöne (die zum Teil auf das Farbkonzept des Erweiterungsbaus verweisen).

Von Außen erscheinen die Gläser als farbiger Akzent zur vorwiegend weißen Fassade. Die Linearität der Glassreifen unterstützt dabei die horizontale Struktur des Gebäudes.

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In ihrer Linearität und über den Verlauf der Farben entsteht auch eine Musikalität oder Poetik, die über den medizinischen und technischen Aspekt hinausweist.

Die Glasstreifen könnten auch als unterster Teil eines hochgezogenen Vorhanges gesehen werden. So gesehen verstärkt sich der Eindruck eines Bühnenraums, der durch die breite Fensterfront der Magistrale angedeutet ist.

Echtantikglas wird in präziser Handarbeit hergestellt. Beim Erkalten entstehen Lufteinschlüsse und kristalline Strukturen in der Oberfläche, die ein faszinierendes Spiel von Lichtreflexen entstehen lassen. Dieses Spiel von Licht und Schatten, von Struktur und Farben verändert sich bei jeder Bewegung des Passanten. Es entsteht ein sich ständig ändernder Raumbezug und eine emotionale Auseinander-setzung mit diesem.

Auf diese Weise bespielt état den Innenraum der Magistrale und markiert diese als öffentlichen Ort, als Ort der Kommuniaktion und der Begegnung. Die künstlerische Arbeit tritt so in einen Dialog mit dem Besucher, mit dem Personal und den Patienten und trägt zur Identifiaktion des Ortes bei.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die künstlerische Arbeit „état (vitreux)" (etwa: gläserner Zustand) besticht durch seine dezente und ästhetische ansprechende Farbgebung. Die verschiedenfarbigen Glasscheiben in Echtantikglas überlagern sich stellenweise und bilden dadurch neue Farbtöne. Das Glas ähnelt einer Wasseroberfläche und bringt durch seine Farbreflexionen eine subtile und lebendige Farbigkeit in den Raum. Hierdurch wird die Aufenthaltsqualität erhöht. Die Materialwahl ist ästhetisch, beständig und nachhaltig. Die Ausgestaltung der Arbeit ist minimal und zugleich grafisch stark ohne aufdringlich zu sein. Durch die Bewegung der Besucher im Raum ergibt sich eine musikalischrhythmische Abfolge der Farbflächen.