Birgit Schuh

BEHANG [INSIDEOUT]

Die Aluminiumverkleidung der Nordost-Nordwest-Fassade des Neubaus Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz wird zu großen Teilen vom Motiv textilen Materials sowie hinterleuchteten Glasflächen bedeckt. Die verwendeten Vorhangstoffe sind jeweils diagonal zugeschnitten, wodurch im unterschiedlichen Zusammenschieben verschiedenartige Verdichtungen der Saumkante entstehen. Das durchgängige Bildmotiv wird durch die Fensterbänder unterbrochen, wobei die fehlenden Bereiche in der Vorstellung unmittelbar ergänzt werden können.

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An der westlichen Gebäudeecke ist ein heller Vorhang kreisförmig aufgewickelt und bildet den Auftakt zu einer lichtdurchfluteten Ansicht auf der Nordwest-Fassade: das nahezu abstrakte Bild von hinterleuchteten, leicht strukturierten Glaspaneelen erstrahlt in warmem Gelb. Die obere Gebäudekante wird hier von einem Textil in bläulichem Silbergrau gesäumt, das an der nördlichen Ecke stark zusammengeschoben ist und sich hier über die gesamte Gebäudehöhe erstreckt. Dadurch verdichtet sich die Faltung und erinnert fast an ein Kleidungsstück. An dieser Nordecke schließt sich ein textiler Behang in tiefem Grüngrau über alle Etagen der Fassadenplatten an. Er verkürzt sich nahezu diagonal Richtung Osten nach oben und gibt somit zunehmend den Blick auf das Gebäude frei.

Die senkrecht nach unten fallenden Falten sowie die feine, lineare Struktur der Glaspaneele greifen die vertikale Rasterung der Fensterbänder auf. Die in sanften Bögen geschwungenen Textilwellen scheinen dem Gebäude eine davorliegende dreidimensionale Oberfläche hinzuzufügen, während die erleuchteten Flächen den Blick in die Tiefe des Bauwerks assoziieren.
In der Dämmerung wird reales Licht in den Fenstern das gedruckte Abbild von hinterleuchteten Gläsern auf der Aluminiumfläche erweitern. In der Dunkelheit wird dann eine Umkehrung einsetzen: ,„leuchteten“ am Tag die Aluminiumbänder, so sind es in der Nacht die Fensterreihen.

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Der verschiebbare Textilbehang an der Außenfassade könnte bei weiterem Aufziehen und Umhüllen des Gebäudes zur Tarnung dienen. Zugleich bewirkt die Verwendung des Einrichtungsinterieurs im Außenbereich eine Art Umkehrung von innen und außen.
Übertragen auf den Krankenhauskontext entstehen vielfältige Assoziationen und Bezüge:
Vorhänge bilden die Grenze zwischen privaten und öffentlichen Bereichen, lassen sich flexibel verschieben und anpassen. Außerdem verdeckt, umhüllt, schützt und wärmt textiles Material den verletzten Körper und die belastete Seele. Der Blick hinter die Fassade - nach innen - ist zugleich Voraussetzung, um tieferliegende Probleme bearbeiten zu können. Das goldgelbe Licht verspricht Wärme und Hoffnung.
Gerade im Kontext von Bundeswehreinsätzen, wo neben der körperlichen Versehrtheit auch die mentale, traumatische Belastung eine zentrale Rolle spielt, ist der Blick ins Innere durch ein behutsames Aufdecken von schockierenden Erlebnissen wesentlich für den Heilungsprozess. Das ruhige Erscheinungsbild der Fassadengestaltung vermittelt hierbei Behutsamkeit, aber auch das Potential für Veränderung!