Daniel Widrig - „Torque“
Konzept
Die Skulptur Torque für die Bundespolizei-Fliegerstaffel Gifhorn setzt sich mit den physikalischen, technischen und gedanklichen Prinzipien des Helikopterflugs auseinander und übersetzt diese in eine plastische Formensprache. Mit einer Höhe von 12,5 Metern ist sie weithin sichtbar und prägt den Standort als markantes Zeichen.
Die Gestalt der Arbeit entwickelt sich aus zwei gegenläufigen Spiralen, die sich sowohl im Bodenbereich als auch an der Spitze berühren und eine Einheit bilden. Ihre Form verweist direkt auf grundlegende Prinzipien des Helikopterflugs wie Auftrieb, Schub und Rotation. Während beim Flugzeug der Auftrieb durch Tragflächen entsteht, wird er beim Helikopter durch die Drehbewegung des Rotors erzeugt. Der Titel Torque verweist auf die Drehkraft, die den Hubschrauberrumpf gegenläufig zum Hauptrotor bewegt und durch den Heckrotor ausgeglichen wird, um eine stabile Fluglage zu gewährleisten.
In der Skulptur wird dieses physikalische Prinzip in eine abstrakte, organische Form übersetzt, die Bewegung, Balance und die Dynamik des Fliegens erfahrbar macht. Sie verkörpert dabei nicht nur die technische Logik des Fliegens, sondern auch die Balance der Kräfte, die notwendig ist, um das komplexe Fluggerät in der Luft zu halten.
Die Dualität der Formen verweist zugleich auf die Vielschichtigkeit des Einsatzbereichs der Bundespolizei-Fliegerstaffel, der Retten, Überwachen und
Schützen gleichermaßen umfasst. Die Arbeit stellt einen Bezug zur Geschichte der Luftfahrt mit der Spirale als Denkfigur des Auftriebs her. Da Vinci erforschte mit seiner Luftschraube die Spiralform als technisches Prinzip, das Jahrhunderte später in den ersten Fluggeräten umgesetzt wurde. Diese historische Linie wird in der Skulptur Torque aufgegriffen und in eine zeitgenössische Formensprache übersetzt.
Die Spirale ist jedoch mehr als ein technisches Prinzip: Sie ist Sinnbild für Wachstum und Bewegung und findet sich in Naturformen wie Pflanzen oder Galaxien wieder. Torque schlägt damit eine Brücke zwischen Technik und Natur, zwischen der konkreten Technik des Hubschrauberfliegens und der gesellschaftlichen Aufgabe der Bundespolizei-Fliegerstaffel. Mit dem Vorschlag entsteht eine künstlerische Arbeit, die in formaler, materieller und
inhaltlicher Hinsicht eng mit der Identität und dem Aufgabenspektrum der Bundespolizei-Fliegerstaffel Gifhorn verbunden ist. Die Skulptur transformiert die
physikalischen Prinzipien des Helikopterflugs in ein kraftvolles visuelles Narrativ und schafft eine Verbindung zwischen Landschaft, Architektur und Institution.
Torque ist als begehbare Skulptur konzipiert. Die bodennahen Flächen laden zum Sitzen ein und verwandeln das Werk über seine künstlerische Präsenz hinaus in einen Ort der Begegnung. So entsteht eine Symbiose aus Kunst, Architektur und sozialem Raum, die Gemeinschaft fördert und informellen Austausch ermöglicht.
Materialität
Für die Realisierung wird Edelstahl eingesetzt, ein Material, das sowohl im Maschinen- als auch im Flugzeugbau eine zentrale Rolle spielt. Ihre spiegelnde
Oberfläche verleiht der Skulptur eine besondere Leichtigkeit und Dynamik. Sie wirkt je nach Witterung, Tages- oder Jahreszeit stets verändert und entmaterialisiert. Himmel, Landschaft, Architektur und Betrachter reflektieren sich in ihrer Oberfläche. Diese Eigenschaft führt dazu, dass Torque nicht als statische Form erscheint, sondern als belebtes Objekt.
Beurteilung durch das Preisgericht:
Das Preisgericht beschreibt die Arbeit als elegant. Der Entwurf ist gut durchdacht und entfaltet eine hohe ästhetische Wirkung vor dem Neubau. Der inhaltliche Bezug zum Fliegen mit der künstlerischer Transformation des Dreh- und Gegendrehmoments in Form einer raumgreifenden Skulptur mit dem passenden Titel „Torque“ ist sehr ortsbezogen. Über die Spiegelung der Oberfläche sind zudem Aspekte von Raum und Zeit eingebunden. Die
Skulptur ist identitätsstiftend. Zudem wird der sehr geringen Wartungsaufwand positiv hervorgehoben. Einzelne Mitglieder bewerten die Arbeit als zu konventionell und hinterfragen die Formensprache in Bezug auf die Gebäudearchitektur. Schließlich überzeugen die positiven Sichtweisen und die das schlüssige Verhältnis der Horizontalen zur Vertikalen sowie kraftvollen Wirkung der Skulptur
Visualisierung: Daniel Widrig