Felix J. Hermann Stumpf - „Trefoil“ 

Konzept: EINLEITUNG                                                                                                                                      
Ein Erlebnis eines Kindes der 1980er Jahre in Süddeutschland. Das Kind liebte es, mit seinen Freunden im Wald zu spielen, die Natur zu erleben und in ihr sorglos umherzuschweifen. Dabei aß das Kind gerne Sauerklee. Doch Ende April 1986 veränderte sich dies. Die Sorglosigkeit wurde überschattet von einer Angst, einer unsichtbaren Angst. Die Eltern sagten nun ihrem Kind es dürfe nichts mehr aus dem Wald essen, ihn am besten sogar meiden. Es sei dort jetzt alles verstrahlt und gefährlich. Das Kind war verwirrt, denn es sah doch alles aus wie immer. Doch nun sei alles von einem unsichtbaren Übel befallen? Diese Strahlen machten dem Kind Angst und die Angst wurde noch schlimmer, weil die Strahlen nicht sichtbar waren und es spürte wie verunsichert auch die Erwachsenen waren. Diese Erfahrung des Kindes und die Gründung des Bundesamts für Strahlenschutz im Jahr 1989 basieren auf demselben Geschehen. Dem Reaktorunfall von Tschernobyl im Jahre 1986.                                                                                                                                                          

 IDEE                                                                                                                                                    
Das Kunstwerk kombiniert die grafische Form eines Kleeblattes mit dem eines Strahlenwarnzeichens und zwar in der Art, dass, je nach Standort des:r Betrachters:in, das Kleeblatt allein beziehungsweise sowohl Kleeblatt als auch Strahlenwarnzeichen sichtbar werden. Das Kleeblatt steht symbolisch für das Schutzbedürftige, das Alltägliche, die Umwelt, das Unscheinbare, das Leben, die Freude und für den Kreislauf der Natur, so wie es das Kind in der einleitenden Geschichte erlebte. Das Strahlenwarnzeichen symbolisiert die unsichtbare Gefahr durch Strahlung. Durch die Anordnung der einzelnen Elemente des Kleeblattes und des Strahlenwarnzeichens im Kunstwerk wird versucht, die scheinbar unberührte Natur in Form eines Kleeblattes darzustellen, welches nur auf den zweiten Blick beziehungsweise in einem bestimmten Blickwinkel sich als verstrahlt und gefährlich herausstellt. Die unsichtbare, vom Kleeblatt ausgehende Gefahr wird durch die Arbeit des BfS „sichtbar“ gemacht.                                                                                                              

NAME                                                                                                                                                  
Ein anderer Name für das internationale Strahlenwarnzeichen ist Trefoil. Im Englischen bedeutet Trefoil Kleeblatt. Trefoil (Dreipass) ist auch der Begriff für eine Form, welche früher in der Architektur bei der Gestaltung von Fenstern benutzt wurde.                        

FORM | MATERIALITÄT                                                                                                            
Sowohl die grafische Grundform eines Kleeblattes, wie die des Strahlenwarnzeichens basieren auf einem Dreieck. In meiner Skulptur werden diese Grundformen so kombiniert, dass es aus verschiedenen Blickwinkeln eine unterschiedliche ästhetische und inhaltliche Wirkung der Kleeblätter zusammen mit dem Strahlenwarnzeichen ergibt. Je nach Position des:r Betrachters:in ist die Strahlung, dargestellt in der Form des Strahlenwarnzeichens, einmal mehr, einmal weniger beziehungsweise gar nicht zu sehen. Die Skulptur besteht aus fünf einzelnen Scheiben, die „ineinandergesteckt“ werden. An Materialien werden für die Flächen farbiges Glas, für das Gerüst Edelstahl verwendet. Die Materialität des Glases stellt den Gedanken des „Durchschauens“, des Analysierens, des Erforschens dar; im Vorliegendem das Erforschen der Radioaktivität des Kleeblattes. Die Verwendung von Glas als Baumaterial gibt der Skulptur auch eine fragile, „schützenswerte“ Ästhetik. So wird die Sensibilität von Mensch und Natur betont. Die dunklen, runden, äußeren Rohre, die das konstruktive Gerüst bilden, greifen die Form eines Globus auf. Diese wird verstärkt, da die Skulptur vertikal um 23,4° geneigt ist, welches der Neigung der Erdachse entspricht. Die Auswirkungen einer Strahlenbelastung können weltweite Folgen haben.                            

IDENTITÄT | ÄSTHETIK                                                                                                                    
Das Kleeblatt wie auch das Strahlenwarnzeichen bekommen in dem Zusammenspiel in der Skulptur eine identitätsstiftende, eine ästhetische, wie auch eine orts- und themenspezifische Bedeutung. Die identitätsstiftende Wirkung tritt ein, da das Kunstwerk die verantwortungsvolle Aufgabe des BfS künstlerisch interpretiert und darstellt. Entsprechend erhält es eine exponierte zentrale Verortung auf dem vorderen Teil des Vorplatzes. Die im Inneren des Gebäudes behandelte Thematik, wird mit Hilfe des Kunstwerkes in den öffentlichen Raum gebracht, nach außen hin sichtbar gemacht. Sowohl den Mitarbeitern:innen, Besuchern:innen wie auch Passanten:innen ermöglicht das Kunstwerk, sich über die Architektur hinaus mit dem BfS am Standort Neuherberg zu identifizieren. Ästhetisch geht das Kunstwerk auf die Thematik, die Architektur des Neubaus und auf das Umfeld ein. Der Architektur, welche fast ausschließlich gerade Linien und eckige Elemente aufweist, wird anhand des Kunstwerks eine großteils runde, farbige, organische und durchlässige Form entgegengesetzt. Diese Form basiert auf dem architektonischen Konzept eines Dreipasses. Gleichzeitig bildet die Gestalt der Skulptur einen verbindenden, ortsspezifischen Dialog zwischen der Architektur und dem anliegenden Naturgebiet in Neuherberg. Die offene Form und das durchscheinende, farbige Glas der Skulptur erweitern den Eingangsbereich und den Vorplatz um eine repräsentative, ästhetische Auseinandersetzung mit der Thematik des BfS. Der Blick aus dem Foyer wird hierbei bewusst miteinbezogen. Auch die Arbeit in den Laboren des Standortes des BfS in Neuherberg drückt sich in der Ästhetik der Skulptur aus und zwar in der Möglichkeit der unterschiedlichen Betrachtung durch das vielseitige Zusammenspiel des Klees mit dem Strahlenwarnzeichen. Dies greift den Gedanken einer genauen Betrachtung aus unterschiedlichen Sichtweisen auf und die Absicht, die intensive Forschungsarbeit des BfS bildhauerisch darzustellen. Erläuterungsbericht Technisch Die Skulptur wird aus recyceltem Edelstahl und Glasscheiben bestehen. Der Durchmesser der Stahlrohre im Außenbereich ist 60 mm. Die Rohre innen haben einen Durchmesser von 38 mm. Sie werden weiß pulverbeschichtet und dann in Schwarzgrau (RAL 7021) lackiert. Die Glasscheiben werden in die Rundrohre eingelassen und verklebt. Es handelt sich dabei um Einscheiben-Sicherheitsglas. Die Skulptur wird in einzelnen Teilen angefertigt und dann vor Ort zusammengebaut. Der Pflegeaufwand ist gering. Einzig die Glasscheiben müssen im Laufe der Zeit etwas gereinigt werden. Die für die Skulptur verwendeten Materialien Glas und Edelstahl haben eine sehr hohe Lebensdauer. Die Skulptur wird auf ein Fundament gesetzt, welches als runde Fläche auf dem Platz eine dezente räumliche Abgrenzung zu dem anderen Bodenbelag bildet und der Skulptur eine weitere räumliche Ebene gibt.

Beurteilung durch das Preisgericht:

Die Herleitung der Skulptur durch die Verschränkung von Kleeblattform und dem Strahlungswarnzeichen ist überaus gelungen und die Subtilität durch die Kombination durchdacht. Diese beiden Symbole stellen eine konkrete Verbindung mit Erinnerungen an Tschernobyl her. Es handelt sich bei diesem Entwurf um die einzige Großskulptur ausschließlich für den Außenraum. Auf Zustimmung trifft ihre »Vielansichtigkeit« im Zusammenhang mit dem Standpunkt auf dem Platz sowie die Farbspiegelung am Boden durch das einfallende Licht. Der Entwurf wird als kluge Verbindung von unterschiedlichen Aspekten beschrieben, der trotz des großen Formats eine lichte Leichtigkeit besitzt. Durch die lebendig farbigen Überschneidungen erscheint die Skulptur im
Kontrast zur reduzierten Architektur geradezu poppig.