Heiko Hünnerkopf

Phänotypen

Die Gesundheit und das Wohlbefinden lebensmittelliefernder Tiere und der Schutz des Menschen vor Zoonosen zählen zu den Aufgaben des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI). Das Institut am Standort Mariensee beschäftigt sich mit den Forschungsthemen zu Fragen der Tierzucht sowie Tiergenetik und berät darüberhinaus die Bundesregierung in Fragen der Nutztiergenetik.

Im Forschungsfeld der Tierzucht und Tiergenetik wird die Begrifflichkeit Phänotypus verwendet. Der Phänotyp oder das Erscheinungsbild ist in der Genetik die Menge aller Merkmale eines Organismus. Dabei bezieht er sich nicht nur auf morphologische, sondern auch auf physiologische Eigenschaften und ggfs. auch auf Verhaltensmerkmale. Das Zusammenwirken von Erbanlagen und Umweltfaktoren bestimmt phänotypische Variationen. Dieses Zusammenwirken zu visualisieren, ist Teil des künstlerischen Ansatzes und der Interpretierung in Form eines Morphingprozesses. Als Ausgangspunkt dienen die Silhouetten von Nutz- und Versuchstieren. Letztere sind für die Forschung unerlässlich, die Auswahl der Tiere ist hier stellvertretend zu sehen. Ausgehend von zwei Grundformen wie bspw. Pferd – Kuh, Kuh – Schwein usw. entsteht im Morphingprozess ein Phänotyp. Der Zufall bei der Entstehung der Form ist beabsichtigt und nimmt dabei Bezug auf die Eigendynamik von biologischen Prozessen und deren Beeinflussung duch die Umwelt.

Die Formensprache der entstandenen Phänotypen erscheint für den Betrachter irritierend. Sie ist als Aufforderung zu verstehen, unser Verständnis zur Massentierhaltung kritisch zu hinterfragen auch im Sinne der Nachhaltigkeit und im Hinblick auf das Tierwohl. Das FLI leistet hier einen wichtigen Forschungsbeitrag für eine tragfähige, in die Zukunft gerichtete Nutztierzucht.

Die Farbgebung der Skulpturen orientiert sich am „Methylenblau“ oder auch als Loeffler-Färbung bezeichnet. Es dient in der Histologie zur selektiven Färbung bestimmter Gewebearten und kann am lebenden Organismus angewendet werden. Weiterhin wird es in der Molekularbiologie zum Färben von DNA und RNA in Gelen und auf Membranen nach dem Blotten verwendet. So wie das „Methylenblau“ mit Zellen oder Stoffen reagiert, so interagiert der RAL-Farbton Perlnachtblau mit dem Tageslicht und dem Sonnenverlauf. Je nach Lichteinfall changiert er dunkel oder heller, mal glänzend, mal matter.

Die Gesamtskulptur besteht aus acht Einzelformen, die entlang der Mecklenhorster Straße verortet sind. Sie bildet den Forschungs- und Tätigkeitsschwerpunkt des Instituts nach Aussen hin ab und fungiert zugleich als „Landmark“, die die Zufahrt zum Gebäude kennzeichnet.