Jens Reimert

Die großen Sieben 

Die fünf gefährlichsten Wildtierarten Afrikas werden von Großwildjägern als “Big Five” bezeichnet. Der Anthropologe Jared Diamond benutzt den Begriff ebenfalls in seinem Buch “Arm und Reich” für die fünf wichtigen eurasischen Nutztierarten, Pferd, Rind, Schwein, Schaf und Ziege, deren Domestikation vor gut 10.000 Jahren das Leben der Menschen grundlegend veränderte, und - vor allem den Europäern - schließlich auch zu ihrem technischen Vorsprung gegenüber Kontinenten mit weniger gut domestizierbaren Tierarten verhalf.

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Die Liste ließe sich sicherlich noch durch Hühner und viele andere Haustiere erweitern, denen die Menschen Nahrung, Kleidung und Muskelkraft zu verdanken haben. Der Entwurf Die großen Sieben versucht typische Merkmale dieser Tiere, und ihre speziell für Menschen nützlichen Eigenschaften, in verdichteter Form darzustellen, und kommt so zu sieben Figuren, die wie Hybride aus Tieren und Maschinen wirken, und damit auch den menschlichen Forschungs- und Optimierungsdrang persiflieren.

Die einzelnen Skulpturen verfügen über Attribute, die auf die Produktion von Fleisch, Milch, Eiern, Wolle, Dünger oder auch Kohlendioxid hinweisen. Darüber hinaus weisen sie Eigenschaften auf, die sich mit verschiedenen Tieren verbinden lassen, wirken mal dynamisch, mal gravitätisch, anschmiegsam oder sperrig, grazil oder massiv. Wie die unterschiedlichen Tiere eines Spielzeugbauernhofes stehen sie offenbar friedlich zusammen auf der Wiese. Die Nähe zum Laborgebäude läßt aber auch eine Art Testgelände für künstliche Maschinenwesen assoziieren, wie wir sie aus der Populärkultur, beispielsweise aus Sience-Fiction-Filmen, kennen. Durch den spielerischen Charakter und die fragwürdige Funktion der Skulpturen wird allerdings deutlich, daß es sich hier nicht um reale Forschungsergebnisse handeln kann, sondern um Phantasieobjekte, die dazu einladen, unser Verhältnis zu Nutztieren zu reflektieren.

Die bis 2, 20 m hohen und bis 3, 64 m langen Skulpturen aus pulverbeschichtetem Stahl werden südlich des Laborgebäudes auf der Rasenfläche zwischen den geplanten acht Mehlbeerbäumen aufgestellt und verankert. Sie sind von den Pausenbereichen des Gebäudes und auch bereits von der Mecklenhorster Straße und den anderen Wegen her gut sichtbar, und können von den MitarbeiterInnen und BesucherInnen des Institutes erkundet, berührt oder auch erklettert werden. Die orange-rote Farbe schafft einen Kontrast zur grünen Umgebung und erinnert an die Rostschutzfarbe industrieller Metallkonstruktionen. Im Sommer korrespondiert sie mit den Früchten der Mehlbeeren.