Lorenz Pasch - "Relation"

Konzept: Im Besucherzentrums des Bundesministeriums für Finanzen steht eine animierte Lichtsäule. Einem Balkendiagramm ähnlich scheint sie etwas anzuzeigen. Ihre Höhe ist unterteilt in verschiedenfarbige Kuben unterschiedlicher Größen. Die einzelnen Farbbereiche sind von unten nach oben ihrem Volumen nach sortiert.

Gelegentlich macht sich eine Veränderung bemerkbar. Ganz so als ob sich das Diagramm mit den Daten aktualisiert, die es darzustellen scheint. Beispielsweise verschwindet plötzlich eine Einheit, und der nun gewonnene Platz teilt sich gleichmäßig unter den übrigen Kuben auf. Ein anderes Mal ist es ein bestimmter Block, welcher das Volumen des verschwundenen gewinnt. Dieser mag dann gemäß seines größeren Gewichts ein paar Stellen weiter nach unten rücken. Wieder ein anderes Mal entsteht der Eindruck, dass zwei beinah gleich große Volumina um einen Platz konkurrieren. Sie liefern sich ein Kopf an Kopf Rennen, und tauschen daher ständig ihre Position. Diese und noch viele andere Szenarien lassen sich in der Logik der Sprache des Diagramms erzeugen. Es ist eine komplexe Struktur aus Verhältnissen zwischen Größen, Farben und Bewegung. Ein Spielfeld, dessen Möglichkeiten und Grenzen mit der Installation Relationen erkundet und ausgelotet werden soll.

In der Wissenschaft, der Wirtschaft, aber auch im Alltag spielen Diagramme eine wichtige Rolle. Denn als Instrumente zur Visualisierung stellen sie anschauliche Bezüge zwischen sonst abstrakten Daten her. Sie ermöglichen es uns, komplexe statistische Zusammenhänge und Entwicklungen zu verstehen und daraus Entscheidungen und Prognosen abzuleiten. Gleichzeitig ist auch bekannt, dass Merkmale wie Maßstab, Ausschnitt und auch Färbungen die Interpretation des Diagramms mitbestimmen. Unsere auf den Visualisierungen der Datensätze basierenden Entscheidungen werden also nicht nur von den rohen Daten, sondern ebenfalls von Ihrer Darstellung und Interpretation mit geprägt. Denn diese Instrumente dienen der Kommunikation und sind viel mehr als reine Informationsträger: Sie sind ein Medium mit ihrer eigenen Sprache, sind Information und zugleich Projektionsfläche derer, die sie interpretieren, indem sie sie betrachten.

 Für die Installation wird eine Software entwickelt, welche einerseits auf der Eigenlogik des Diagramms basierende, strukturbildende Elemente beinhaltet und andererseits Zufallsvariablen integriert, welche für scheinbar endlose Variationsmöglichkeiten sorgen. Die meist langsame, gelegentlich jedoch auch abrupte, Veränderung der Lichtsäule und ihre unterschiedlichen Zustände in Farbe und Form verleihen dem Besucherzentrum einen unverwechselbaren Charakter, welcher sich durch eine kontinuierlich changierende Licht-Atmosphäre auszeichnet. Selbst wenn das Zentrum geschlossen ist, leuchtet ein farbiges Bild der Relationen über die Straße und reflektiert und konkretisiert die abstrakten und zumeist verborgenen Zusammenhänge ökonomischer Prozesse, die in permanenter Bewegung sind. Damit greift die Installation spielerisch die Komplexität der Vorgänge innerhalb des Ministeriums auf, und kehrt diese als ein lebendiges Stimmungsbild nach außen. Die Stehle verwandelt so die schmale Raumecke in eine Bühne, dessen Schauplatz sich über das breite Fenster zur Straße hin verlängert. In ihrer Form greift sie die stützenden Säulen auf, doch reicht sie nicht zur Decke. Sie ist überschaubar und ihr volles Maß bleibt stets im Blick.


Beurteilung durch das Preisgericht:

Die Möglichkeiten der Variation bleiben bei dieser ästhetischen Arbeit nie abgeschlossen und sie wird dadurch jeden Tag anders aussehen. Die Aussenwirkung überzeugt. Die Frage, ob der Raum des Besucherzentrums für das Objekt leer bleiben muss, wird diskutiert. Die Symbolik der Arbeit wird als zu wenig tief gewertet. Die skulpturale Präsenz und die Proportionen des Objekts werden ebenfalls kritisch hinterfragt.