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M+M (Marc Weis und Martin de Mattia)

Skulpturengruppe für den Innenhof des Bundeswehrzentralkrankenhauses Koblenz

Die Skulpturengruppe „Für Florence, Hana, Agnes und all die anderen“ ist allen Menschen gewidmet, die in der Krankenpflege tätig waren und sind. Die Vornamen verweisen stellvertretend sowohl auf historisch bedeutsame Krankenschwerstern wie Florence Nightingale oder Agnes Karll als auch auf die fiktive Figur Hana (Juliette Binoche) aus dem Film „Der Englische Patient“. So kann die Skulpturengruppe verstanden werden als Denkmal für all diejenigen, deren Einsatz in der Pflege – vor allem in Krisenzeiten – von fundamentaler Bedeutung für die Patent*innen ist und die dennoch meist zu wenig Beachtung finden.

Im Zentrum des geometrisch streng angelegten Innenhofs des Bundeswehrzentralkrankenhauses steht ein 4 qm großes quadratisches Aluminiumpodest. Seine Längsseiten laufen parallel zu den Innenhofwänden sowie zu den Himmelsspiegeln und Hecken.

Auf diesem polierten Podest sind zwei hohe, matt spiegelnde Aluminiumskulpturen verteilt. Aus einiger Entfernung wirken deren Silhouetten fast wie lebendige Figuren, die sich in einem stillen und doch spannungsvollen Dialog miteinander befinden. Beim Näherkommen entpuppen sich diese beiden Akteure als skulpturale, abstrahierte Variationen von Gefäßen. Das Ensemble bildet ein von allen Seiten sichtbares zentrales Bindeglied zwischen den inselartigen rechteckigen Elementen im Innenhof.

Die zwei Skulpturen stehen mit einigem Abstand zueinander an den äußeren Ecken des Podests. Zunächst ragt eine geschwungene Gestalt nahezu 140 Zentimeter hoch auf. Sie mutet von vorne wie eine antike Vase an. Beim Herumschreiten erscheint sie halbiert und auf der Rückseite vollkommen flach. Von der Seite prägt sie so ein fast anthropomorphes Profil aus.

Die Skulptur dahinter setzt sich aus zwei großen Schalen zusammen, die nahezu tänzerisch hochkant aufeinander balancieren. Sie nehmen in ihrer Form Bezug auf das Geschirrdesign TC100, welches Nick Roericht 1959 entwarf. Es gilt als Ikone des kompakten Stapelgeschirrs wie es seitdem vor allem in Kantinen, z.B. in Krankenhäusern eingesetzt wird. Durch die Übertragung in Aluminium suggeriert es zudem eine hohe Widerstandsfähigkeit, ähnlich wie beim Militärgeschirr. Allerdings spricht Größe (Durchmesser jeweils 54 cm) und Oberflächengestaltung, vor allem aber der akrobatische Akt für eine Befreiung aus ihrer ursprünglichen stabil stapelbaren Funktion.

Beide Skulpturen sind überraschende Variationen vertraut wirkender Objekte und zeichnen sich durch eine abstrahiert-minimalistische, leicht den Umraum spiegelnde Oberflächengestaltung aus. Zudem weisen sie verfugte Risse und reparierte Bruchstellen auf, die durch eine besondere Metall-verarbeitung dezent betont sind. Diese einzelnen narbenähnlichen Zeichnungen im Metall erscheinen aber nicht als Makel, sondern unterstreichen vielmehr die Individualität der Formen und verweisen auf deren Geschichte. Diese bewussten Hinweise auf einen Prozess der Wiederherstellung stehen in der Tradition der japanischen Reparaturmethode des Kintsugi, die z.B. bei der Reparatur von traditio-nellen Trinkgefäßen die Bruchstellen durch einen goldglänzenden Stoff (Urushi-Lack) verklebt und gleichzeitig schmuckvoll hervorhebt. Die Wertschätzung von Bruchstellen steht im Zentrum dieser Anschauung, die stoffliche Wirkung und metaphysische Anschauung verbindet.

In dem bewegten Ensemble aus individuellen Figuren ganz unterschiedlicher Herkunft, bzw. Epochen klingt eine harmonische Stimmung an, die als Metapher für ein - durch wertschätzende Pflege - wiedergewonnenes körperliches und seelisches Gleichgewicht - auch in Bezug auf die Genesung nach menschlichen Unfällen und Traumata - verstanden werden kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die im Kunstwerk „Florence, Hana, Agnes und all die anderen" dargestellten Objekte lassen an Alltagsgegenstände denken, offenbaren aber eine Labilität und Verletzlichkeit.

Der Sockel und die Objekte bilden ästhetisch eine Einheit und formulieren die zentrale Position des Sockels als Denkmal.