M + M (Marc Weis und Martin de Mattia)

Medical Frequencies

Über das Blindpaneelenband zwischen den Fenstern des zweiten und dritten Obergeschosses erstreckt sich eine gerasterte, abstrakt anmutende Bildsequenz. Sie zeigt eine ununterbrochene, leicht variierte Wellenbewegung, die über die gesamte Länge der nordöstlichen sowie der nordwestlichen Fassade hinwegläuft. An deren Beginn und Schluss blendet sie sanft ein- bzw. aus. Die langgestreckte, deutlich wahrnehmbare, aber insgesamt eher dezente Sequenz akzentuiert die Fassade des Bundeswehrzentralkrankenhauses zwischen den Stockwerken der Intensivpflege und den OPs. Sie unterstützt und rhythmisiert dabei das kompakte, professionelle Erscheinungsbild des Gebäudes.

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Für die Autofahrer_innen oder Fußgänger_innen lassen sich ihre Schwingungen bereits aus der Ferne gut wahrnehmen. Beim Näherkommen dominiert zunehmend die abstrakte Wirkung der Rasterpunkte. Es entwickelt sich ein Vexierspiel zwischen abstrakter Punktrasterung bei Nähe und Wellenmotiv aus der Ferne, das besonders beim seitlich-schrägen Blick auf die Fassadenflucht oder beim Vorbeifahren fasziniert.

Die Wellen und Ausschläge erinnern in ihrer pulsierenden und gleichzeitig streng gefassten Dynamik an präzise wissenschaftliche Darstellungen bildgebender medizinischer Verfahren. Auch der Titel „Medical Frequencies“ suggeriert die graphische Visualisierung von Frequenzen menschlicher Organe im medizinischen Bereich. Bekannte Techniken sind hier vor allem die Elektroenzephalografie (EEG) oder das Elektrokardiogramm (EKG), die die Tätigkeiten vom Gehirn oder Herz des Patienten aufzeichnen und über bildgebende Verfahren darstellen.

Die eigentliche Grundlage dieses spektakulären Frieses „Medical Frequencies“ ist allerdings keine organische, bzw. medizinische Quelle, sondern ein eigens für das Bundeswehrzentralkrankenhaus komponiertes Musikstück. Es ist eine loopartig angelegte, klassisch orientierte Komposition in einem 4/4-Takt mit gleichmäßigen metrischen Akzenten, die von einer Musikkapelle gemeinsam mit einem Gesangsensemble eingespielt wird. Das minimalistisch angelegte, vorwärtstreibende Stück erinnert mit seinem Refrain an bedeutsame Mediziner_innen, Wissenschaftler_innen und Pfleger_innen, deren Verdienste neben der wissenschaftlichen Forschung und der Entwicklung medizinischer Technik und Infrastruktur teils auch in der Behandlung oder Pflege von Opfern militärischer Auseinandersetzungen lag. Bei der Auswahl sollen historische und aktuellere Persönlichkeiten unterschiedlicher Herkunft und Geschlechts berücksichtigt werden, wie Hippokrates, Domenic Jean Larrey, Clara Barton, Robert Koch, Ferdinand Sauerbruch, Gottfried Benn oder May-Britt Moser.  Der Videoclip zum Musikstück lässt sich von interessierten Besucher_innen über eine eigens entwickelte Website abrufen. Im Clip entsteht ein dynamisches Gruppenbild des Musikensembles, das aus Detailaufnahmen und Close Ups der Musiker_innen und Sänger_innen im Rhythmus der Musik montiert ist.

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„Medical Frequencies“ arbeitet somit parallel zu der Praxis der modernen Medizin und deren Bildgebungsprozessen, indem das zunächst unbekannte Musikstück mit Hilfe eines Oszillographen für die Öffentlichkeit audiovisualisiert wird. Auch im medizinischen Bereich haben die bildgebenden Verfahren im Grunde eine schallbasierte Ursprungsgeschichte. Vor allem wird das Thema „Krankenhaus“, bzw. die für dieses entstandene Musik selbst zum Objekt einer elektronischen Abtastung, so wie die Medizin subkutane organische Aktivitäten des menschlichen Körpers mit ihren Technologien optisch verfolgt. Gleichzeitig schlägt „Medical Frequencies“ durch den visuellen Bezug zur „subkutanen“ virtuellen Ebene des Musikstücks auf der Webseite einen inhaltlichen Bogen zu dem medizinischen Aufgabenbereich des Gebäudes und seinen Protagonist*innen.