Neda Aydin - "Formschluss"

Konzept: Versorgungsleitungen sind ein essentieller, meist unsichtbarer Bestandteil unserer Lebenswelt. Sie umfassen die Bereitstellung grundlegender Bedürfnisse wie Wasser, Strom, Gas und Telekommunikation. Die Verfügbarkeit und Qualität der Versorgung hat einen direkten Einfluss auf die Lebensqualität von Individuen und Gemeinschaften, denn sie ermöglicht Menschen ihre Fähigkeiten auszubauen und ein komfortables Leben zu führen. Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung ist die Versorgungssicherheit maßgeblich für die Entwicklung und Stabilität von Gesellschaften und daher Gegenstand der Politik.

Besonders in Krisenzeiten wird deutlich, wie zunehmende Engpässe zu erheblichen Störungen in der Versorgung führen, die sich auf die wirtschaftliche Stabilität und damit auf das Wohlbefinden der Bevölkerung auswirken können. Die Sicherung einer soliden Finanzordnung, die zur Versorgungssicherheit und dem Ausgleich möglicher Engpässe beiträgt, ist eine der zentralen Aufgaben des Bundesministeriums für Finanzen. Sie beinhaltet die Planung des Bundeshaushalts sowie das Erheben von Steuern, um Einnahmen zu generieren, die für Subventionen sowie Transferleistungen verwendet werden, um wirtschaftliche Härten für Unternehmen und Privathaushalte abzufedern.

Die Arbeit ‘Formschluss’ greift den Gedanken des Engpasses auf und materialisiert ihn als Verengung in pastellgrün patinierten Kupferrohren, die ausschnitthaft aus den Wänden der Foyer-Räumlichkeiten der Bundesfinanzakademie im Neubau des Bundesfinanzministerium hervortreten. Die ausschnitthaften Rohrsegmente in den beiden Räumlichkeiten korrespondieren miteinander – zusammengesetzt fügen sie sich zu einem stabilen Formschluss, der die stabilisierende Funktion des Bundesfinanzministeriums in Krisenzeiten visualisiert. 

Die Positionierung der beiden Wandplastiken ist in Luftlinie auf das Denkmal für die Ereignisse des 17.Juni 1953 von Wolfgang Rüppel ausgerichtet, auf dem Demonstrierende Arm in Arm eingehakt zusammenstehen. Als formale Analogie zu den eingehakten Armen verweist die Wandplastik auf die Bedeutung von Zusammenhalt in Zeiten des Wandels und der Unsicherheit. Damit führt sie die architektonischen Bemühungen einer Verzahnung von Alt- und Neubau fort und ist insbesondere in der Bundesfinanzakademie, dem Bildungsort für künftige Bedienstete, bewusstseinsbildend.

Der konzeptionelle Gedanke spiegelt sich ebenfalls in der Materialwahl und in der Farbgebung wider. Kupfer ist unabdingbar bei der Produktion von Versorgungsleitungen und findet ebenso Verwendung bei der Herstellung von Münzgeld. Aufgrund dieser Materialikonographie stellt es eine passende Referenz zum Bundesfinanzministerium her. Zudem ist das Material für seine Langlebigkeit und Witterungsbeständigkeit bekannt, da es an der Atmosphäre die bekannte pastellgrüne Patina bildet, die vor weiterer Korrosion schützt. Die patinierte Oberfläche der Wandplastik vergegenwärtigt den Schutz und die Wartung, die unsere Versorgungssysteme benötigen, um eine zuverlässige Funktionsweise zu gewährleisten. 


Beurteilung durch das Preisgericht:

Die autonomen Objekte sind vom Raum aus gedacht und gehen eine starke Verbindung zum Bestandsbau ein. Das Preisgericht bescheinigt die große Ästhetik und einen subtilen Umgang mit dem Raum. Das Thema der Verbundenheit ist stimmig umgesetzt ohne klischeehaft zu wirken. Die Verbindung zum geschichtlichen Hintergrund ist nicht auf den ersten Blick erkennbar, kann sich aber über die Zeit kommunizieren.