Peter Sandhaus

Endemoskop

An der Fassade über der Einfahrt zum Bundeswehrzentralkrankenhaus erscheint eine seltsame, goldglänzende Figur. Es wird aber beim besten Willen und auch beim zweiten Hinsehen nicht ganz klar, worum es sich eigentlich handelt.

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Ist es vielleicht eine Art Stethoskop und das Gebäude wird gerade einer ausgiebigen körperlichen Untersuchung in Form einer Auskultation unterzogen? Oder ist es die Vergrößerung einer neuronalen Synapse? Oder handelt es sich gar um die abstrahierte Darstellung eines Parasiten, der wie ein Affe die Fassade erklimmt?

Das Kunstwerk spannt ein breites medizinisches Assoziationsfeld auf, ohne dieses Feld jemals eindeutig aufzulösen.

Auch der Titel ENDEMOSKOP hilft nicht weiter. Googelt man das Wort, so erhält man keine Treffer. Es erinnert aber an Endoskop, Endemie, Demoskopie oder ähnliche medizinisch-wissenschaftliche Begriffe.

Die künstlerische Intervention erinnert in ihrer Mehrdeutigkeit an ein Symptom, das sich nicht klar zuordnen lässt, und reflektiert damit auch den großen Unsicherheitsfaktor, den es trotz all dem beeindruckenden Fortschritt in der Medizin noch immer gibt.

Das ENDEMOSKOP steht im Dialog mit der präzise und rational gegliederten Fassade und im Kontrast zur Hochtechnologie der modernen Medizin im Gebäudeinneren. Indem es die Betrachter:innen zunächst irritiert und zum Nachfragen anregt und dabei gleichzeitig alle Fragen offen lässt, fügt das Kunstwerk dem Gebäudekomplex eine neue Wahrnehmungs- und Bedeutungsebene hinzu.

Bei allem Ernst der Lage im Gesundheitssystem - gerade auch in der aktuellen Pandemie - erinnert uns das ENDEMOSKOP daran wie wichtig Neugier und offene Fragen gerade dann sind, wenn sie sich nicht sofort und eindeutig beantworten lassen.

Als interpretationsoffene Gestalt mit hohem Wiedererkennungswert und mit einem Schuss Ironie hat das ENDEMOSKOP auch das Potential zur Identifikationsfigur im Sinne eines Sympathieträgers für das ganze Krankenhaus.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das „Endemoskop" öffnet sich dem Betrachter durch vielschichtige Interpretationen.

Erinnert auf den ersten Blick an ein medizinisches Gerät oder Synapsen besticht es auf den zweiten Blick in seiner tänzerisch-witzigen Darstellung.

Die Skulptur setzt der Schwere und Ersthaftigkeit der Thematik des Krankenhauses Leichtigkeit entgegen. Sie bespielt die Fassade ohne sie zu beschweren.