realities:united (Jan Edler und Tim Edler)

farbtherapie

Die Arbeit farbtherapie ist für alle Menschen da, die sehen können. Die Arbeit hat eine direkte und leicht zugängliche Erscheinung. Zentral ist ihre Leucht- und Farbwirkung, die sich im Sonnenlicht deutlich zeigt, aber noch besser, wenn das Wetter grau ist, oder wenn es dunkel ist. Ebenfalls wichtig ist die Lebendigkeit durch die ruhige aber dauernde Veränderung der Farben und der Lichtwirkung, wodurch die Installation stets ein wenig anders erscheint als beim letzten Mal.
Es ist wichtig, dass die Arbeit schön und elegant ist und eine unmittelbar positive Wirkung hat. Sie soll ohne weiteres Wissen und ohne jede Reflektion direkt und intuitiv wahrgenommen werden können. Sie soll es ermöglichen, dass sie von den Menschen in individueller Weise gesehen und einfach in den Alltag
eingebaut werden kann, z.b. einfach als Wegmarke für jene, die hier auf dem Weg zur Arbeit oder Schule vorbeifahren.

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Danach soll diese Arbeit auch Möglichkeiten für eine freie und assoziative Annäherung oder Auseinandersetzung geben. Wie immer gibt es dabei eine Anzahl von Möglichkeiten, die sich für die Künstler*innen als mehr oder weniger unvorhersehbar und unkontrollierbar erweisen werden: Man könnte z.B. in der Installation eine künstlerische Interpretation einer LED-Anzeige einer technischen Apparates erkennen, die Klinik als Apparat der seine diversen inneren Vorgänge auf der Außenhaut abbildet. Oder man könnte in der Abfolge farbiger Streifen auch ein Widerbild der signifikanten Bilder moderner Diagnostikmethoden (Blotting) erkennen.
Aber es gibt auch eine bestimmte Setzung, die der Arbeit eingeschrieben wurde, um ganz bewusst ein bestimmtes Assoziationsfeld zu öffnen. Denn in der Grundstruktur orientieren sich die Installation mit ihren auf Signalwirkung zielenden Farbflächen eng an Auszeichnungen, wie sie vorwiegend im militärischen Kontext üblich sind, und wie sie als sog. Bandschnalle auf der Kleidung getragen werden. Die wesentlichen Gestaltmerkmale daraus wurden hier übernommen, wodurch der thematische Bezug der Installation gesetzt und unübersehbar ist.

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Folglich besteht die Installation aus einzelnen Einheiten (= Auszeichnungen), die jeweils in Größe und Proportion identisch sind und die jeweils aus einer in der Mittelachse gespiegelten Folge von Farbstreifen gebildet werden. Einmal so gesehen erhält die bis dahin oberflächlich erscheinende und betont leicht und bunte Installation unvermittelt einen tieferen, schärferen und in verschiedene Richtungen verzweigenden Assoziationsraum. Darin sind diverse problematische, schmerzliche und kontroverse, aber auch heilende, verbindende, schöne und erhebende Eindrücke und Gefühle enthalten. Wer möchte, kann in der Arbeit die Orden erkennen, die man den Schaffenden und Patienten im Gesundheitssystem gerne verleihen möchte, aber dieses Kunstwerk hat die Aufgabe einen assoziativen Raum zu öffnen und offen zu halten, ohne damit eine neue Wertung oder einen anderen Sinnbezug zu stiften. Aus diesem Grund ist
der Aspekt der Umdeutung und Auflösung ebenso wichtig, wie der anfänglich enge Bezug zum Ausgangsmotiv.
Deshalb ist die zweite Zeichenebene der veränderlichen Lichtschraffuren nicht nur schön anzuschauen, sondern essentiell wichtig: weil damit in elementarer Weise die Vergänglichkeit aber eben auch die Erneuerbarkeit der Zeichen und der damit verknüpften Sinnbezüge und Werte verdeutlicht wird. Das ist ein Aspekt, der letztlich den weiten Bogen zum Wesen und der Arbeit der Heilstädte schlägt. Die Erfahrung Therapie hat viele Seiten, verbindet individuelle existenzielle Krisen- und Schmerzerfahrungen mit dem Bemühen nach Heilung und Erneuerung, bei dem das Zusammenarbeiten und Zusammenhalten der vielen Beteiligten, das heißt das Wertesystem der Verständigung über Gemeinsamkeit, individuelle und kollektive Opfer und Dienste und die gegenseitige und ausgedrückte Wertschätzung und Anerkennung eine zentrale Rolle spielen.