Bundesanstalt für Immobilienaufgaben

Sarah Degenhardt – "Unschärfen"

Konzept:
“Unschärfen” ist eine Serie von Wandarbeiten, die die komplexe Realität bundespolizeilicher Einsatzsituationen analogiehaft in abstrakte, malerische Landschaften übersetzt.

Bundespolizisten stehen im Einsatz vor einer Vielzahl komplexer und einzigartiger Situationen. Je klarer eine Lage erscheint, desto größer ist die Handlungssicherheit – ein entscheidender Aspekt in Momenten, in denen Entscheidungen unter Zeitdruck getroffen werden müssen. Unklare Situationen hingegen erschweren fundierte Entscheidungen erheblich. Zwar sind die situativen Voraussetzungen und Grenzen von Einsatzmitteln gesetzlich geregelt, doch deren Anwendung hängt stark von der spezifischen Klarheit der jeweiligen Situation ab. Genau dieses Spannungsfeld zwischen Klarheit und Unschärfe bildet den thematischen Ausgangspunkt der Kunst am Bau, die diese Dynamik in abstrakte Wandinstallationen an insgesamt vier Positionen übersetzt.

Die horizontale Abgrenzung der Farbflächen, teils sanft verschwimmend, teils präzise und klar, spiegelt die Vielschichtigkeit realer Einsatzsituationen wider. Jede Wand zeigt ein Zusammenspiel von weichen und harten Übergängen, die sich zu abstrakten Landschaften formen. Diese erinnern an Naturräume, die sich – je nach Wetterlage, Lichtstimmung, Tages- oder Jahreszeit – stets verändern und neu wahrgenommen werden können. Trotz der Ähnlichkeit der blauen Flächen bleibt jede Malerei in ihren Details einzigartig.

Einzelne Setzungen

Vor zwei Wandmalereien befinden sich mit grüner, keramischer Farbe bedruckte, transluzente Glasscheiben, deren Farbverlauf – von hellem, kaum deckendem zu dunklerem, beinahe opakem Grün – sich mit dem dahinterliegenden Blau vermischt. Diese Überlagerungen erzeugen neue visuelle Wahrnehmungseindrücke: Die Landschaften scheinen sich aufzulösen, ihre Horizonte rücken weiter in die Ferne, subtile neue Farbtöne entstehen.

Im Foyer interagiert eine 1,90 m breite Glasscheibe mit der dahinterliegenden, 6,90 m breiten blauen Malerei. Die teilweise Überlagerung erlaubt ein gleichzeitiges Erfassen mehrerer Ebenen, wodurch der Eindruck eines Nebeneinanders mehrerer Zustände der Landschaft entsteht. Ein blauer Streifen auf der benachbarten Wand hebt die Malerei in eine räumliche Dimension.

Entlang der, vom Foyer kommend, linken Gangwand befinden sich fünf weitere grün bedruckte Glasscheiben, die mit dem dahinter liegenden vertikalen blauen Verlauf in Dialog treten. Die sanften, beinahe nebligen Übergänge des Glasdrucks kontrastieren mit den klar rhythmisierten Kanten der Scheiben. In den Spalten zwischen den Glasscheiben scheint das Blau durch. Der Rhythmus der Gläser nimmt Bezug auf die verschieden breiten Betonsegmente der Umfriedung. Auf der gegenüberliegenden Wand verliert sich ein dynamischer, ausstreichender blauer Streifen nach einem Drittel – als würde die Malerei aus dem Foyer heraus in den Gang übergehen und dort sanft enden. Diese Bewegung erinnert an das Fließen eines Ganges als Durchgangsraum.

Im Innenhof, dem zentralen Aufenthaltsbereich zwischen Seminaren und Trainings, findet sich auf einer der umgebenden Betonwände eine weitere Malerei. Zwei horizontale blaue Streifen ziehen sich von der Mitte der Wand bis zu den Gebäudekanten, als würden sie sich im Inneren des Gebäudes fortsetzen.

Intention

Die blauen Farbflächen durchziehen die Architektur ruhig und kraftvoll und schaffen eine konzentrierte, kontemplative Atmosphäre. Durch die helle Farbigkeit und die bewusste Platzierung entstehen sensible, ästhetische Bezüge zur Formensprache des Gebäudes. Die langgezogenen Farbverläufe spiegeln die lange, geschwungene Architektur wider, die Rhythmen der Glasscheiben nehmen die Gliederung der Betonsegmente auf.

Die Verwendung hochwertiger, mineralischer Wandfarbe sowie keramisch bedruckter Glasflächen garantiert nicht nur eine hohe ästhetische Qualität, sondern auch eine wartungsfreie Gestaltung sowie eine langfristige Beständigkeit im Sinne nachhaltiger Baukultur.


Beurteilung durch das Preisgericht:

Besondere Aufmerksamkeit erhielt der Entwurf, da er als Einziger den Innenhof mit einbezog. Der Schwerpunkt der Entwürfe sollte sich mit den Wandflächen
im Innenraum auseinandersetzen. Als schöner Pluspunkt während der Pausen wurde die Idee der Fortsetzung im Freien jedoch als besonders positiv erwähnt.
Der architektonische Bezug der unterschiedlichen Wandflächen innen und außen erschien sehr gelungen. Inhaltlich fehlte die Verbindung zur speziellen Situation und den Themen des Ortes. Das Thema Unschärfen blieb zu abstrakt und eher formal. Ästhetisch also eine sehr gelungene Idee – die Brücke zum konkreten Kontext fehlte den Jurymitgliedern.

Sarah Degenhardt Entwurf

Visualisierung: Sarah Degenhardt