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stoebo – Bogman & Störmer - „Refugium“

Konzept:
IDEE
Der Entwurf Refugium versteht sich als ein künstlerisches Environment. Dreizehn lebensgroße Tierplastiken aus Bronze besiedeln den Campuspark und prägen dessen Charakter und Erscheinungsbild. Als loses Arrangement zeigt das Ensemble eine beispielhafte Auswahl geschmuggelter Tierarten, die regelmäßig bei Zollkontrollen entdeckt werden. Es handelt sich um Tiere, die entweder, zusammengepfercht, als Lebendware geschmuggelt werden, oder aber deren Fleisch illegal gehandelt wird. Die plastischen Darstellungen zeigen die Tiere ungekünstelt, in natürlichen Haltungen und verleihen ihnen Anmut und Würde. Als Landschaft der Tiere wandelt sich der Campuspark der Zollhochschule zum ideellen Zufluchtsort und avanciert zum Parcours durch einen
Skulpturenpark, bei dem mitunter Dschungelgefühle wachgerufen werden. Der Handel mit Wildtieren ist ein lukratives Geschäft und stellt eine der Deliktformen dar, die von den Zollbehörden explizit verfolgt wird. Exoten werden als Haustiere gehalten, als Lebensmittel verzehrt oder zu Aphrodisiaka verarbeitet. Der Schmuggel von lebenden Wildtieren erfolgt zumeist unter nicht artgerechte Bedingungen. Oft sind Lebendtiere während des langen Transports in zu engen Behältnissen großem Leid ausgesetzt und verenden häufig. In Gesamtheit erinnert das Ensemble hochwertig gestalteter, figürlicher Tierplastiken an das kollektive Schicksal geschmuggelter Tiere, ohne deren Leid zur Schau zu stellen. Im Kontrast dazu präsentiert der Entwurf einige, der am meisten geschmuggelten Spezies in natürlicher Haltung und freiläufigen Habitat. Im übertragenen Sinn finden die geschundenen Tiere im Campuspark der Zollbehörde ein neues Zuhause in Würde und Freiheit. – Ein Refugium.


KUNSTWERK UND CAMPUSPARK

Der Entwurf Refugium sieht mehrere skulpturale Setzungen innerhalb des Campusparks vor. Als lose Akzentpunkte innerhalb eines All-Overs bilden die dreizehn plastischen Attraktionen einen inhaltlichen Zusammenhang, der sich, beim Flânieren durch den Park, aus der Abfolge erst allmählich erschließt.
Mit Fokus auf den Treffpunktbereich vor dem Haupteingang des Lehrgebäudes erstreckt sich die künstlerische Intervention über den gesamten, erweiterten Arbeitsbereich des Campusparks, ohne dass es zu Nutzungseinschränkungen oder Behinderungen kommt. Eine ausgewachsene Giraffe, als größte Skulptur des Ensembles, steht prominent im Schwerpunktzone zwischen Lehr- und Wohngebäude und ist zum Entrée und zur Möllner Straße hin ausgerichtet.
Sie dient der Standortmarkierung im Treffpunktbereich, trägt aber vor allem zur Adressbildung der Zollhochschule nach außen und zum Stadtraum hin bei. Die Skulptur befindet sich außerhalb der Bewegungs- und Aufstellflächen für Rettungsfahrzeuge. Hierfür soll der geplante Standpunkt des Amberbaums an der westlichen Seite des Kreuzungsbereichs ein wenig nach Osten verschoben werden, sodass die Skulptur, vom Entrée betrachtet, vor der 3er-Baumgruppe steht. (siehe Perspektive) Flankiert wird die Giraffenskulptur in Schwerpunktbereich von vier kleineren Skulpturen. – Ein Schuppentier, ein Chamäleon, ein Tukan und eine Riesenschildkröte. Schuppentiere, Chamäleons, Papageien und Schildkröten gehören zu den Spezies der meistgeschmuggelten Tiere. Im weiteren Verlauf
des zentralen Parkwegs, bis hin zum Grillplatz im Osten, befinden sich in loser Anordnung folgende Tierplastiken: Babyzebra, Hyäne, Babyalligator, Tukan, Warzenschwein, Lemur, Babynashorn, Gepard und Flamingo. Einige der dargestellten Tiere sind noch im Kindesalter, bzw. noch Babys. Die Tierplastiken befinden sich teils in der Nähe der platzartigen Ausweitungen, teils auf den Rasenflächen und teils auf den vorhandenen Steinen und dem Mobiliar.
Die künstlerische Intervention ist eng mit der Landschaftsarchitektur und ihren Gestaltungselementen verknüpft und in die jeweiligen Situationen integriert. Darüber hinaus stellen die Tierplastiken besondere Aufmerksamkeitsmomente dar, die als autonome Ebene in ihrer Gesamtheit auf dem landschaftsarchitektonischen Entwurf aufsetzt und die mit einer deutlichen künstlerisch-inhaltlichen Kontextverschiebung einhergeht.

KUNSTWERK
Grundlagen der Gestaltung

Bei den 3D-Entwürfen, die im Wettbewerbsentwurf dargestellt sind, handelt es sich um erste rudimentäre Studien, bei denen die Grundhaltung der Tiere erfasst und die Oberflächen von Haut und Haaren in Ansätzen ausgearbeitet wurden. Es handelt sich um urheberrechtlich eigenständige Entwürfe, die
weder mit Unterstützung von KI noch auf Grundlage urheberrechtlich geschützter Werke von Dritten entworfen wurden. Alle Entwürfe sind eigens für den Wettbewerb erstellt worden und stellen Unikate dar.
Im Falle der Ausführung würden sowohl Haltung und Positionierung der Tiere verfeinert, als auch die stilistische Ausarbeitung der Einzelplastiken vereinheitlicht werden, sodass der Detailgrad gleich ist. Ziel ist es den Tieren einen möglichst natürlichen Ausdruck und somit eine würdevolle Anmutung zu
verleihen. Auch sollen die Entwürfe exakt auf den jeweiligen Untergrund (z.B. Findling, Mobiliar) angepasst werden, sodass sie passgenau auf dem Untergrund stehen und verankert werden können. Hinsichtlich der Auswahl der Tierarten können, im Falle einer Beauftragung, Anpassungen und Änderungen erfolgen, bei denen insbesondere die Expertise der Zollhochschule, aber auch ggf. die Expertise des Rostocker Zoos als redaktionelle Hinweise einfließen können.

Positionierung
Einige größere Tierfiguren (z.B. Giraffe, Zebra, Krokodil, etc.) werden ebenerdig platziert und auf Fundamenten nicht sichtbar verankert. Kleinere Tierplastiken (z.B. Tukan, Babyrhinozeros, Flamingo, etc.) sollen auf den vorhandenen Natursteinfindlingen, aber teilweise auch auf den gestalterischen Mobiliarelementen (z.B. Mülleimer, Sitzbänke, Tische) verankert werden. Hierdurch wird ermöglich, dass kleinere Tierplastiken oberhalb von Strauchgruppen und Stauden sichtbar sind und wahrgenommen werden können.

Disclaimer Kulturelle Aneignung
Die Entwurfsidee, geschmuggelte Tiere als ein Ensemble von Tierplastiken in einer Parklandschaft zu präsentieren, erfüllt in keiner Weise das Kriterium Kultureller Aneignung. Nach allgemeinem Verständnis beschreibt Kulturelle Aneignung den Prozess, bei dem Elemente einer Kultur von Mitgliedern einer
anderen Kultur übernommen werden, ohne die ursprüngliche Bedeutung oder den Kontext zu respektieren oder zu verstehen. Dies ist hier sicher nicht der Fall, da der Kontext (Wildtierschmuggel, Zoll, Kriminalitätsbekämpfung) ein anderer ist. Außerdem sind mit den nicht voyeuristischen Darstellungen
verschiedener Tierspezies keine spezifisch kulturellen Eigenschaften verknüpft, sondern beruhen einzig auf der Auswahl biologischer Spezies besonders prominenter Tierarten des Wildtierhandels. Aus diesem Grund wird auch ausgeschlossen, dass die Darstellungen eine hergebrachte koloniale Per-
spektive reflektieren könnten.


Stoebo - "Refugium"

Visualisierung: Stoebo – Bogman & Störmer