Thilo Droste

FRIENDLY FIRE

Der Entwurf sieht vor, die Leichtmetall-Fassadenpaneele an einer Bundeswehr-Schießanlage eines Truppenübungsplatzes von Angehörigen der Bundeswehr beschießen zu lassen. Die Einschusslöcher machen Textteile der Deklaration von Genf (siehe Anlage) des Weltärztebundes auf der Fassade lesbar. Die Löcher werden mit durchgefärbtem, transluzentem Acrylglas hinterlegt und so vor Witterung geschützt. Nachts können sie von hinten mit energiesparenden, dimmbaren LEDs beleuchtet werden.

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Als Basis für den Entwurf dient der Text der Deklaration von Genf des Weltärztebund, der in seiner letzten Revision von 2017 vor allem das Patienten-Arzt-Verhältnis überarbeitet hat.
Die Deklaration von Genf gilt als moderne, zeitgemäße, ohne religiösen Kontext bestehende Ver- sion des Hippokratischen Eides, der die erste grundlegende Formulierung einer ärztlichen Ethik darstellt. Auf der ganzen Welt berufen sich Ärzte auf das Genfer Gelöbnis. In vielen Ländern ist es Teil der ärztlichen Berufsordnung, in manchen hat es sogar Gesetzescharakter.

Die Darstellung auf der Fassade des Bundeswehrzentralkrankenhauses beginnt im obersten Stockwerk des Gebäudes mit dem ersten Satz und schließt mit dem letzten Satz der Deklaration:

ICH GELOBE FEIERLICH, MEIN LEBEN IN DEN DIENST DER MENSCHLICHKEIT ZU STELLEN.
und
ICH GELOBE DIES FEIERLICH, AUS FREIEN STÜCKEN UND BEI MEINER EHRE.

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Die Sätze ziehen den Blick auf das Krankenhaus und können als Leitworte und Maxime der Institu- tion und ihrer Mitarbeiter*innen an alle Patient*innen gelesen werden. Zwischen dieser optischen und inhaltlichen Klammer der beiden Sätze zeigen sich einzelne Substantive auf der Fassade, die den einzelnen Abschnitten der Deklaration entnommen sind. Durch die Abfolge aller Substantive aus der Deklaration ergibt sich eine eigene poetische Lesart des Textes, die assoziatives Verknüp- fen und selbstständiges Vervollständigen bei den Betrachter*innen ermöglicht.
Die Worte, die naturgemäß dem Themenkomplex der Medizin, des Heilens und der Fürsorge ent- stammen, stehen im Kontrast zur brachialen Weise ihrer Einschreibung durch die Einschusslöcher. Das Schießen wird hier zur produktiven, gestaltenden Handlung. Auf diese Weise thematisiert der Entwurf auch die teils unpopulären Aufgabengebiete und Mittel der Bundeswehr, die jedoch sys- temimmanent sind. Die Arbeit verbindet auf diese Weise den militärischen Aspekt der Bundeswehr mit dem heilenden des Krankenhauses und schafft eine spannungsreiche Symbiose dieser beiden gegensätzlichen Pole. Durch die unmittelbare Mitarbeit von Angehörigen der Bundeswehr bei der Realisation wird ein starkes identitätstiftendes Moment kreiert, dass in der Arbeit vor Ort selbst als wirkungsvolles Bild nach Innen und Außen sichtbar wird. Für den Neubau des Bundeswehr- zentralkrankenhauses wird so eine Arbeit geschaffen, die die Institution Bundeswehr im Ganzen repräsentiert und Aufgaben und Ziele des Krankenhauses im Besonderen aufzeigt.