Tim Trantenroth - "Ohne Titel"

Konzept: Die exponierte Lage des Komplexes an der Wilhelmstraße Ecke Leipziger Straße, an diesem geschichtsträchtigen Ort in Berlin, sowie die räumliche Situation der Kantine mit ihren großen Fenstern und dem Ausblick auf die pulsierende Stadt bilden die Grundlage für folgendes Konzept:

Die rohen Betonflächen zwischen den Fenstern der Kantine sollen als Malgrund für eine Wandmalerei mit historischen Stadtansichten aus den letzten Jahrhunderten dienen. Damit soll eine Korrespondenz mit den bestehenden Ausblicken aus den Fenstern geschaffen werden. Die Malerei soll visualisieren, welche Gebäude ehemals an diesem Ort standen, wie sich die Stadt im Laufe der Jahrhunderte veränderte und wie sich Fassaden, Fenster, Baumaterial etc. über die Zeit wandelten.

Die historischen Gebäude, die der Entwurf beinhaltet, sind auf dem Entwurfs-Plakat im Detail aufgeführt. Sie sollen nach ihrer einstigen geographischen Lage im Raum angeordnet werden. Umgesetzt als Malereien sollen sie transparent und reduziert auf Hell-Dunkel-Werte aufgetragen werden: In einer speziellen Lasurtechnik werden die Farbtöne auf den Beton gemalt. Dabei soll die Struktur des rohen Betons erhalten bleiben und die Materialität des Betons sichtbar gemacht werden. Die zart differenzierte Farbigkeit der Fassadenansichten soll zusätzlich an die unterschiedlichen Farbtöne von Geldmünzen erinnern und auch damit auf unterschiedlichen Epochen der deutschen Geschichte anspielen. Das älteste aufgeführte Gebäude im Süden etwa - der Palast des Prinzen Albrecht (Wilhelmstr. 102) - wurde 1739 gebaut und wird in einem Grauton gemalt, der leicht golden schimmert. (Die feinen Nuancen der Grautöne sind im Entwurf drucktechnisch leider nicht ausreichend darstellbar, alles soll leicht und transparent wirken, fast verschwinden). Das aktuellste dargestellte Gebäude ist ein Plattenbau an der Leipziger Straße, das heute noch existiert aber bei Fertigstellung des Finanzministeriums (2030) voraussichtlich abgerissen oder modernisiert sein wird.

Der graue Grundton der Wandmalerei soll leichte farbige Nuancen haben und Silber-, Stahl-, Bronze-, Gold- und Messingtöne beinhalten. Daher rührt auch unter anderem der Gedanke Münzen zu schmelzen und mit der geschmolzenen Masse die Löcher in den Sichtbetonwänden und in den vielen Säulen zu füllen. Das es technisch sehr aufwändig ist und es in der Kunst auch ein als ob gibt wird das geschmolzene Metall durch Farbe ersetzt und imitiert (siehe Plakat-Entwurf). Diese funkelnden ‚Metallpunkte‘ sollen zufällig angeordnet über die gesamten Betonwänden und Säulen verteilt werden und sich nach dem Rhythmus der zufälligen Löcher im Beton richten (unabhängig von Parametren wie Augenhöhe o.ä.). Es gibt Flächen mit Verdichtungen und Flächen mit ganz wenigen „Punkten“, nie eine visuelle Überforderung. Dabei spielen Assoziationsbegriffe wie ‚Löcherfüllen‘, Baukosten, ‚Finanzloch‘, Sisyphosarbeit, Münzwert, bargeldlos etc. eine besondere Rolle.


Beurteilung durch das Preisgericht:

Die malerische Technik, transparent auf dem Beton zu malen, und der historischen Bezug zu Stadtgebäuden werden als interessante Entscheidungen betrachtet. Das Ergebnis wirkt wie eine Erinnerung und das Verschwinden als solches wird an der Wand zu einer Metapher. Die Arbeit ermöglicht Geschichte direkt durch die Betrachtung zu entdecken. Ein dargestelltes Gebäude bildet tatsächlich das gegenüberliegende Haus ab.