Tom Früchtl - "einhundertnull"

Konzept: Der Entwurf einhundertnull für die Kantine der Akademie des Finanzministeriums ist im Querformat angelegt und nimmt die Proportionen des großen Fensters zur Wilhelmstraße auf. Da die Position der Kantine an einer lebendigen und viel befahrenen Straßenkreuzung verortet ist und das große Fenster sofort ins Auge fällt, liegt es nahe, den künsterischen Eingriff auch auf Aussenwirkung hin auszurichten. Vom Potsdamer Platz kommend, lässt sich eine große Null im Fenster erkennen. Diese schwebt vor einer grünen Fläche hinter der großen Scheibe. Die Typografie der schraffierten Ziffer ist der des Hundert Euro Scheines entnommen. Die Komposition der grünen Fläche stellt eine grafische Abstraktion der Hintergrundgestaltung dieses Geldscheines dar. Die grüne Fläche besteht aus einer Wand Boden Gestaltung, einer Faltung im Raum, die das Motiv eines geknickten Geldscheines oder einer Serviette aufnimmt. An der Stirnseite des Raumes befindet sich der Stern der Euroscheine als Fragment an der Wand neben der Eingangstür. Die Säule gegenüber der Theke ist eine  Raumzeichnung, die als Verblendung einer der auffälligen Betonsäulen funktioniert. Die Konstruktion aus Stahl ist die dreidimensionale Umsetzung der abgebildeten Architektur des 5 Euroscheines. Die disfunktionale Säule aus Metall in der Kantine der BFA setzt sich in Beziehung zu den Säulen der Architektur im Raum und darüber hinaus zu den Säulen der angrenzenden Gebäude, wie dem des historischen Baus und dem Bürogebäude gegenüber. Die horizontale Ausdehnung der über Eck geknickten abstrahierten Fläche korrespondiert mit den beiden Kunst am Bau Werken aussen vor dem historischen Gebäude, in dem das Finanzministerium untergebracht ist. Beide Werke dort haben eine horizontale Ausdehnung und sind ebenso in Gelb bzw. Grüntönen gestaltet.

Die Grüntöne der Wandarbeit nehmen Verbindung mit den Bäumen vor der Fassade auf und spiegeln die Idee der Begrünung des Gebäudes in den Inmenhöfen und auf den Dachflächen. Darüberhinaus schaffen die verwendeten Farben eine angenehme und erfrischende Atmosphäre in der Kantine. Die Farbe Grün steht für Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung. Der gelbe Kreis ist an der Essensausgabestelle platziert und markiert diese Stelle als Wegweiser und als Zentrum des Raumes. Die grüne Bodenfläche zielt vom Eingang in Richtung Theke und schafft so einen Sog in den Kantinenraum.

Die Elemente der Arbeit einhundertnull sind der Sprache unserer Geldscheine entnommen und in abstrahierter Form in die Architektur der Kantine eingepasst. In ihrer Mehrdeutigkeit in diesem Kontext ergeben sich verschiedene Assoziationen und Lesbarkeiten.

Die Ziffer Null auf der Glasscheibe, die als Membran zwischen Innen und Aussen fungiert, wird zur schwarzen Null des Finanzministeriums, ein nicht unwesentliches Ziel der Haushaltspolitik. Die Säule ihrer Funktion beraubt, stützt bestenfalls sich selbst oder kaschiert funktionale Architektur. Der Stern neben der Tür verweist auf den europäischen Gedanken. Die Farben des Geldscheines werden zum Hintergrundrauschen und schaffen eine erfrischend angenehme Atmosphäre in der Kantine. Vielleicht beeinflussen sie sogar die Besucher, das gesündere Essen zu wählen. Die Einfräsungen in den Holzplatten wirken sich positiv auf die Raumakkustik aus.

Auch wenn Bargeld in Zukunft immer weniger als Zahlungsmittel in Erscheinung treten wird, so kann diese Arbeit im Verlauf der Zeit als Erinnerung für das Bild der Geldscheine dienen.


Beurteilung durch das Preisgericht:

Die Ästhetik des Geldscheins wird interessant dekonstruiert und dem Blick von Aussen nach Innen wird einiges geboten. Die angenehme Farbigkeit und die Tradition der Popart wandeln die Kantine in einen »Playground« mit Aufenthaltsqualität. Bemerkenswert am Entwurf ist die abstrakte Umsetzung mit sehr verschiedenen Elementen, die nicht unbedingt als Geldschein zu lesen sind. Fast der gesamte Raum wird bespielt.