Babak Saed

„sowohl – als auch“

In einem modernen Rechtsstaat wie Deutschland sind die Gewährleistung der Freiheit für Bürger*innen ebenso wie der Schutz ihrer Sicherheit untrennbar miteinander verbunden. In diesem Spannungsfeld bewegen sich die Aufgaben des Bundeskriminalamts (BKA) mit dem obersten Ziel, „Deutschland zu einem sicheren Ort zu machen“.

Image

Das Grundbedürfnis des Menschen nach größtmöglicher Sicherheit einerseits und möglichst weitgehender Freiheit andererseits ist der Ausgangspunkt des Entwurfs. Wie ist die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit zu halten? Wie weit und wann kann, oder gar muss sich das Verhältnis in eine der beiden Richtungen verschieben? Diese Fragen stellen sich letztlich vor dem Hintergrund vergangener, aktueller und zukünftiger Gefahrenlagen immer wieder und in neuer Form.

Im Zentrum des Werks steht ein sog. Möbiusband, dessen Enden gegenläufig miteinander verbunden sind. Das Band dient als Träger der Werte Sicherheit und Freiheit. Es symbolisiert die vielfältigen Wechselbeziehungen dieser Werte: die gegenläufige Abhängigkeit und zugleich die enge Verbundenheit, das Aufeinander-angewiesen-sein; Freiheitsverbürgung ist ohne staatliche Sicherheitsgewähr zwecklos, umgekehrt besteht Sicherheit um die Sicherung von Freiheit willen.

Genau hier setzt die Installation an. So haben die großen Ideen von Sicherheit und Freiheit gesellschaftlich und politisch die Funktion von Leitsternen, welche die Richtung bestimmen, aber nie vollständig erreicht werden können und dürfen.

Der Entwurf berücksichtigt mit seiner Grundidee die Funktion des BKA, und mit seiner Beschaffenheit aus Spiegel und Licht die spezifischen Charakteristika des Kunststandortes im Präsidialbereich.

Die Arbeit trägt den Titel „sowohl – als auch“.

Konzept

Betritt man den Wartebereich der Amtsleitung, so fällt der Blick auf eine Lichtinstallation. Entlang einer zwölf Meter langen Wand zwischen den beiden Vorzimmern ist ein großer Spiegel angebracht, der sich aus drei Teilen zusammensetzt. Sowohl durch die Buchstaben nach vorn, als auch an den Rändern gegen die Wand ist sanftes Licht sichtbar, ohne aufdringlich zu erscheinen.

Image

Auf dem Spiegel zeigt sich ein schlaufenförmiges Band, das als sog. Möbiusband bekannt ist und hier lediglich durch die Wörter SICHERHEIT UND FREIHEIT UND geformt wird. Sie sind in die Vorder- und Rückseite des Spiegels 1mm tief hinein gesandstrahlt, und man „ertastet“ diese Vertiefungen im Sinne einer haptischen Wahrnehmung förmlich mit den Augen. Das Spiegelbild des vorbeigehenden Menschen, die Umgebungsarchitektur und das Band vermengen sich zu einem (Gesamt-) Bild, das sich mit jeder Besucher*in immer wieder neu zusammensetzt. Der 750cm breite Spiegel hebt die räumliche Enge des Flurs auf, er erscheint heller und geräumiger. Es entstehen vielfältige Blickbeziehungen.

Da die Wörter ohne einen Zwischenraum aneinandergereiht und nur aus Großbuchstaben bestehen, sind sie nicht sofort und zügig lesbar. Auch durch die Form der Schleife werden sie zusätzlich abstrahiert. So formt sich die Sprache zu einem Bild. Um es zu erfassen, muss der Betrachter vielleicht den Kopf drehen oder evtl. zurückgehen. Die Neugierde ist geweckt. Neugierde auf das Lesen, und der Impuls, sich entlang der Wand im Vorzimmer zu bewegen. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit dem Werk. Die Installation stoppt die Besucher*innen und setzt sie zugleich in Bewegung – sie werden dazu inspiriert, ihre Position zu überprüfen und ggfs. zu verändern.

Gleich an welcher Stelle und in welche Richtung man zu lesen beginnt, geht die Möbiusschleife immer wieder in sich selbst über. Es gibt nur scheinbar zwei Flächen. Das Möbius’sche Band symbolisiert im Entwurf die Verbundenheit der Werte Sicherheit und Freiheit in einem Staat, in dem unterschiedlichste Menschen und Interessen zu einem gemeinsamen Ganzen zusammenfinden wollen. Verfolgt man den Weg der Wörter im Kunstentwurf, so gibt es kein Innen oder Außen, keinen Anfang und kein Ende. Ein Band, das, trotz seiner Widersprüchlichkeit und Geschlossenheit, in Beziehung zu seiner Umgebung steht, sie reflektiert und spiegelt. Fragil, schwungvoll, stabil und gleichzeitig dynamisch, so liegt die Form im Raum.