Candy Lenk - "Drei Geräte"
Konzept:
Im Kunstkontext markiert GERÄT den Zwischenstatus von Skulptur und funktionalem Instrument. Aus Kacheln mit Rundungen, Kehlen sowie Innen- und Außenecken entsteht auf Basis von Modul, Norm und Serie eine offen lesbare Montage, die zwischen handwerklicher Baukunst und industrialisierter Technologie vermittelt. Ihre modulare Logik spiegelt Planen, Vermessen und Montieren als Kernpraxis der Institution; das orthogonale Fugenraster zeigt Programm, während die parasitäre Führung am Baukörper die Architektur zum Geräteträger macht.
Das zweigeschossige Foyer und das Treppenhaus fassen die GERÄTE nicht als Bilder, sondern als Beobachtungs- und Durchgangsobjekte: Apparate, die den Raum abstimmen statt ihn zu zeigen. Die Kachel-Körper erscheinen wie dienende, messende, doch sinnoffene Elemente; ihr Zweck entzieht sich und versetzt die Betrachtenden in die Rolle der Interpretinnen und Interpreten. So verschiebt die offene Funktionalität die Deutung vom Bedienen zum Interpretieren und hält Vergangenheit, Gegenwart und Möglichkeit zugleich präsent. Die differenzierten Farben unterstützen diese Haltung: verschieden pastellig treten die drei Objekte nicht als Dekoration, sondern als Teil der Architektur auf. Jede Farbe markiert eine andere imaginäre Funktion.
Glanz und Mattheit lesen Tageslicht und Wege wie ein Messfeld und machen Bewegung zur temporalen Anzeige. Spiegelungen lassen Rückräume in der Oberfläche erscheinen und erweitern die Korpusgestalt in die Tiefe des Geräts. Im Gehen wandern Reflexe wie Anzeigen über die Haut der Körper und verändern scheinbar ihr Volumen; die Skulptur setzt sich aus ihrer Modularität immer wieder neu zusammen. So wird die Installation zum optischen GERÄT, das Raum herstellt, während es betrachtet wird, und sich in der Bewegung fortwährend entwirft. So fügen sich die drei Elemente zu einem zusammenhängenden Parcours, der den Weg durch Foyer und Treppenhaus choreografiert.
Die DREI GERÄTE oszillieren zwischen Fundstück und Prototyp. Im Treppenhaus zeigt sich der Bogen wie ein Rest einer technischen Verkleidung und zugleich wie die Vorform eines Durchgangssensors. Das Brüstungsgerät liest sich als freigelegte Leitung und als Schnittstelle für Kommendes. Auf der Galerie steht ein kontrollierendes Display ohne Tasten, das Licht, Blick und Schritt kalibriert. In die Zukunft projiziert erscheinen die Gebilde als Geräte ohne erklärte Funktion, als Prototypen einer Technik, die erst noch Bedeutung erhält.
Beurteilung durch das Preisgericht:
Der Wettbewerbsbeitrag DREI GERÄTE für den Kunststandort 1 besteht aus drei skulpturalen Rauminterventionen, die in Foyer, Galerie und Treppenhaus situiert sind. Die aus modularen Keramikelementen erstellten Raumkörper erinnern an baugeschichtliche Überbleibsel ehemaliger Versorgungsschächte oder stillgelegter Anlagen. Gerade durch das Verkleiden und Verdecken vermeintlicher Funktionen treten diese hervor. Die Geräte integrieren sich nicht einfach in den Raum, sie nehmen ihn in Besitz und breiten sich geradezu parasitär über die Raumkanten und -ecken aus. Damit verkörpern sie eigentlich genau jene Artefakte, die bei der Sanierung eines Gebäudes üblicherweise entfernt werden, um die ursprüngliche architektonische Gestalt wiederherzustellen. Die DREI GERÄTE sind aber keineswegs rein organische Wucherungen und Fremdkörper. Durch ihr orthogonales Fugenraster und ihre glänzenden Keramikoberflächen scheinen sie das Resultat von exakter, technischer Planung und können so als ein ironischer Kommentar zum ewigen Wettstreit zwischen Architekturideal und Nutzung gelesen werden. Diese widersprüchliche Wirkung gelingt durch plastische Objekte, die eine austarierte Balance zwischen Kunst, Architektur und Technik herstellen. Entgegen ihrer industriellen Fertigung und makellosen Anmutung, erweisen sie sich letztendlich als sinnoffene, ästhetische Einlassungen. Wir können die Oberfläche dieser Objekte nicht durchdringen und bleiben so an ihrer Plastizität hängen. Losgelöst von möglichen Funktionen entziehen sich die DREI GERÄTE scheinbar den gängigen Kategorien und bilden gewissermaßen eine eigene Raumspezies.
Die Jury hat besonders die konzeptionelle Klarheit, handwerkliche Qualität und plastische Präsenz des Entwurfs hervorgehoben. In ihrer Mischung von Architekturbezug und -unterwanderung gelingt es den Drei Geräten, den Standort 1 auf vielschichtige, eigenständige und widerständige Weise künstlerisch zu überformen und zudem die Aufgaben und Praxis der BimA ironisch zu kommentieren.
Visualisierung: Candy Lenk