Felix Kiessling
Schumalith
Für die Grünfläche südlich der Laborspange schlage ich ein Lichtobjekt als Außenskulptur vor, den Schumalith. Das ortsspezifische Kunstwerk knüpft an das Bestreben des Friedrich-Loeffler-Instituts an, ganzheitlich und praxisorientiert zu forschen und zu arbeiten, indem es die Natur mit ihren fließenden Prozessen sowie ihre Wechselwirkung mit Mensch und Kultur als Ausgangspunkt nimmt.

Das erratische Objekt integriert sich als nicht-invasive Form in die Grünflächenmitte zwischen die Schwedischen Mehlbeerbäume und die neu entstehende Architektur. Auf den ersten Blick wirkt die Arbeit wie ein in sich geschlossenes, autarkes Objekt. Ich habe eine geologische Form gewählt, die an eine Gesteinsscholle oder den Splitter eines Gebirgsblocks erinnert. Wie ein Stein, der uralte, ja vormenschliche planetarische Aktivitäten verkörpert, aktiviert das Kunstwerk die Vorstellung von einer vergessenen Vergangenheit. Durch seine Oberfläche und Materialanmutung von rohem Beton, der vereinzelt Lichtimpulse nach außen dringen lässt, könnte es sich auch um ein vom Himmel gefallenes Stück Architektur einer fernen, unbekannten Zivilisation handeln.
Die Skulptur stellt etwas dar, das mit der heutigen Realität in Echtzeit verbunden ist. Sie ist als Hohlkörper konzipiert, der aus einer 50 mm dicken Betonwandung besteht und in seinem Inneren eine pulsierende LED-Lichtquelle beherbergt. Die kontinuierlich ansteigende und abfallende Lichtintensität wird durch Echtzeitdaten der so genannten Schumann-Frequenz reguliert. Die Schumann-Tiefenfrequenz wird durch stetige Blitze verursacht, die den Raum zwischen der Erdoberfläche und der Ionosphäre durchdringen und mit der Atmosphäre als planetarischen Resonanzkörper eine Frequenz bilden. Diese Frequenz ist für die menschlichen Sinne nicht wahrnehmbar, aber alles - Menschen, Tiere, Pflanzen, Mikroben - ist damit verbunden. Sie ist Prozess, Ursprung und Zukunft. Sie ist der Puls der Welt. Das über die Echtzeitdaten angesteuerte Licht entweicht durch vereinzelte, in den Betonguss eingearbeitete Glasfaserelemente wodurch die Skulptur sanft leuchtet.
Unsere Realität steht heute unter dem Einfluss tiefgreifender ökonomischer und damit verbundener ökologischer Veränderungen. Das Ausmaß der technischen Entwicklungen, der industriellen Produktion und des Massenkonsums der letzten Jahrzehnte wirken nun immer stärker und sichtbarer auf die Lebensbedingungen der Menschen, der Pflanzen und nicht zuletzt auch der Tiere. Dem Diskurs der Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt, wie auch der Raumfrage, dem Konflikt zwischen Platzbeanspruchung und Verdrängung, zwischen Ausbeutung und Erhaltung, nähert sich das ortsspezifische Objekt durch die Verwobenheit seiner Kontexte und durch seine Form an. Es handelt sich um eine zeitliche, materielle und räumliche Form, die die Logik des Bodens verkörpert und so die Frage des Ursprungs auf sich selbst zurückwirft. So wird der Schumalith zu einem paradigmatischen, anthropologisch universellen Beispiel für politische, ökologische und ökonomische Zusammenhänge und erinnert künftige Mitarbeiter*innen, künftige Besucher*innen sowie Passant*innen an die Vernetzung aller Wesen und Ereignisse in der Welt.