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Gerhard Mayer 

Für die 12 Meter lange Wand im Präsidialbereich möchte ich eine Arbeit vorschlagen, die das Spannungsfeld zwischen Gesichtserkennung/Identifikation in der Kriminalistik und der holistischen Gesichtswahrnehmung in der Bildbetrachtung zum Thema hat. Ein weiterer Spannungsbogen wird in der formalen Visualisierung zwischen dem Digitalen und dem Analogen erreicht.

Das Bild einer Menschenmenge in einem nicht näher definierten, perspektivisch anschaulichen Raum ist die Grundlage dieser Arbeit. Mit der Übertragung des Motivs in einzelne Linien einer elliptischen Struktur, wird das Erkennen von Bilddetails in der nahen Betrachtung, durch eine hervortretende Präsenz der Pinselstriche verhindert.

Ein leichtes Zurücktreten, oder ein Blick von der Seite, komprimiert die eigentlich abstrakte Struktur jedoch wieder zu anschaulicher Gegenständlichkeit. Das Phänomen der holistischen Gesichtswahrnehmung, welches das Sehen und Erkennen von Gesichtern bis hin zum Wahrnehmen von Ausdruck und Charakter beschreibt, setzt hier ein. Diese Bildinformationen sind kaum greifbar. Der wage Bereich zwischen tatsächlichem Wahrnehmen und der Vorstellung, die wir von Gesichtern haben, eröffnet einen weiteren Raum zur Auseinandersetzung mit dieser Arbeit.

Dabei geht es nicht wie in der kriminalistischen Analyse darum, mittels analoger oder digitaler Gesichtserkennung Individuen zu erkennen und zu identifizieren, sondern um ein paralleles Phänomen, eine Metapher. Die relative Enge des Raumes kommt dieser Wahrnehmungsart entgegen. Denn diese findet auch im Vorübergehen und im Augenwinkel statt und ist sogar in dieser Situation noch intensiver. Auch die Perspektive des Bildraums ist in dieser Bertachtungssituation deutlich und führt zu einer Erweiterung des baulichen Raums.

Das verwendete Zeichensystem mit Pinsel, Zeichentusche und unter Zuhilfenahme einer Ellipsenschablone ist ebenso angelegt den Raum zu öffnen und zu weiten. Alle Linien sind über die Schablone Elemente ein und derselben elliptischen Grundform. Da eine Ellipse sehr leicht als perspektifischer Kreis gesehen werden kann, vermittelt jede der Linien einen illusionistischen Raumeindruck, was dem Bild im Ganzen Tiefe verleiht. Keiner der Pinselstriche berührt einen anderen, wodurch Leichtigkeit und Durchlässigkeit erreicht werden.

Das transparent und offen strukturierte Raumsystem der Liegenschaft Puschkinallee

wird im Bild fortgeführt. Darin wird gänzlich auf Farbe, zugunsten einer graphischen Linienstruktur verzichtet. Das Bild fügt sich unaufdringlich in das Gesamtgefüge der architektonischen Details im Präsidialbereich ein.