Mehmet & Kazim - "Paravent 3000"

Konzept: Einleitung
Das Kunst am Bau Projekt „Paravent 3000“ im Innenhof des neuen Bundestagsbürokomplexes an der Unter den Linden in Berlin ist eine moderne Ergänzung der öffentlichen Kunstszene. Dieses Projekt bietet eine kraftvolle Synthese aus visueller Schönheit, interaktiver Erlebniswelt und narrativer Tiefe. Entworfen für einen semi-öffentlichen Raum innerhalb eines parlamentarischen Komplexes, fungiert der Paravent nicht nur als ästhetisches Highlight, sondern auch als sozialer Treffpunkt, der die Mitarbeiter des Bundestages und ihre Gäste einlädt, sich mit seiner Form, seinem Material und den innewohnenden Geschichten auseinanderzusetzen.
Der Paravent ist gezielt so gestaltet, dass er die Funktion des Hofes als Verkehrs- und Erschließungsfläche unterstützt, gleichzeitig aber auch Rückzugsmöglichkeiten unter dem Blätterdach eines Baumhains bietet. Durch seine strategische Positionierung und sein einladendes Design wird der Paravent zu einem zentralen Bestandteil des Innenhofes, der sowohl visuell ansprechend als auch funktional ist, und fördert somit die Interaktion und das Wohlbefinden der Nutzer des Gebäudes. Der Entwurf basiert auf den bereits vorgegebenen Abmessungen, weshalb keine nachträgliche Nachtragsgeneh-
migung erforderlich sein wird.
Dieses Kunstwerk trägt durch seine innovative Gestaltung und seinen interaktiven Charakter dazu bei, den neuen Bundestagsbürokomplex nicht nur als Arbeitsplatz, sondern auch als Ort der Inspiration und des kulturellen Austauschs zu etablieren.

Konzeptionelle Grundlagen
Die Idee des Paravents basiert auf dem Wunsch, einen Ort zu schaffen, der sowohl Rückzug als auch Begegnung ermöglicht. Er soll nicht nur als physische Barriere dienen, sondern auch als Fenster zu verschiedenen kulturellen, sozialen und individuellen Narrativen, die die Gemeinschaft bereichern.
Der Entwurf greift die traditionelle Funktion eines Paravents auf - Raumteilung und Schaffung von Intimität - und erweitert diese um die Dimension der Interaktion und des kulturellen Dialogs.

Material und Bauweise
Die Auswahl von Cortenstahl als Hauptmaterial reflektiert das Thema der Vergänglichkeit und Erneuerung. Der Paravent wird aus unbewittertem Cortenstahl hergestellt, dessen Oberfläche sich im Laufe der Zeit natürlich entwickelt und eine charakteristische Patina annimmt, die als Metapher für die sich wandelnde, lebendige Stadtlandschaft dient. Die Einzelteile des Kunstwerks, die in Segmenten von ca. 1,80m x 2,50m hergestellt werden, sind im Boden verankert. Es ist zu beachten, dass der Paravent ohne eine spezielle Bodenfläche konzipiert ist, was die visuelle Durchlässigkeit erhöht und eine direkte Verbindung zum vorhandenen Untergrund des Standorts ermöglicht.

Design und Ästhetik
Der „Paravent 3000“ ist so entworfen, dass er den Eindruck einer großformatigen Edding-Zeichnung vermittelt, in der sich Linien frei entfalten und Erzählungen Raum finden. Die aus Cortenstahl ausgeschnittenen und gebogenen Muster sind von den ikonischen Symbolen und Schriften inspiriert,
die auf den Straßenwänden Berlins zu sehen sind. Diese Elemente, die tiefe, urbane Geschichten erzählen, sind filigran in das Kunstwerk integriert und fördern eine dynamische Interaktion mit Licht und Schatten. Über den Tag hinweg verändert sich die Wahrnehmung des Kunstwerks, indem graffitiähnliche Formen, abstrahiert durch die Übereinanderlagerung von Linien und Ausschnitten im gebogenen Stahl, eine kontinuierliche Transformation erleben. Die Einbeziehung dieser graffitiähnlichen Elemente baut eine Brücke zwischen traditioneller Kunst und der zeitgenössischen urbanen Kultur auf und fördert den Austausch zwischen verschiedenen Generationen und Kulturen, wobei der Standort Berlin mit seiner eigenen reichen Graffiti-Historie einen speziellen örtlichen Bezug herstellt.

Zukunftsvision und Nachhaltigkeit
Der nachhaltige Ansatz des Projekts, sowohl in Bezug auf die Materialwahl als auch auf die Konzeption des Kunstwerks, unterstreicht das Engagement für ökologische und soziale Verantwortung. Die Verwendung von Cortenstahl, einem Material, das für seine Langlebigkeit und minimale Wartungsanforderungen bekannt ist, spiegelt die Absicht wider, ein dauerhaftes Vermächtnis zu schaffen.

Abschluss
Der „Paravent 3000“ ist mehr als ein physisches Objekt; er ist ein dynamisches Phänomen, das die Grenzen zwischen Kunst und Leben, zwischen dem Individuellen und dem Kollektiven verwischt. Als kühne Neuerfindung des traditionellen Konzepts eines Paravents dient er als kraftvolles Symbol für
die Möglichkeit, durch kreative Interventionen neue Räume für persönliche und gemeinschaftliche Erkundungen zu erschließen. Mit seiner tiefgreifenden Verbindung von Form, Funktion und Bedeutung steht der Paravent als Zeugnis für die transformative Kraft der Kunst und ihr Potenzial, die urbane
Landschaft und das menschliche Erleben nachhaltig zu bereichern.

Beurteilung durch das Preisgericht:

Eine Collage verschiedener Filzstift Zeichungen ist die Grundlage für den „Paravent 3000“: Ausgelasert aus gebogenen Corten-Stahl-Platten werden die Zeichnungen zu einer übergeifenden, fast floral wirkenden Grafik, die ihre urbane Herkunft erst auf den zweiten Blick offenbart. Das Ergebnis ist eine halbtransparente Schale, die sehr gute Außen - Innen Beziehungen und eine hervorragende Aufenthaltsqualität im kreisförmigen Inneren schafft. In freiräumlicher Hinsicht überzeugt der Entwurf ohne Weiteres.
Die künstlerische Aussage wird auf verschiedenen Ebenen diskutiert: Einerseits wird die Übertragung der flüchtigen, eher informellen Kunstformen der Street-Art in das minimale „Ewigkeitsmaterial“ Corten-Stahl als humorvolle Überlagerung der künstlerischen Sphären interpretiert. Andererseits wird eine mögliche Entwertung einer „freien“ Kunstform mit der Überführung in etablierte skulpturale Formate befürchtet.
Auch die allzu häufige Verwendung der Lasertechnologie in zeitgenössische Alltagsarchitekturen wird in die Diskussion geführt. Sicher ist das Ausmaß der Durchbrüche in statischer Hinsicht noch zu überprüfen, ebenso ggf. die Erkenn- und Lesbarkeit der Zeichnungselemente. Schließlich zielen die
Verfasser auf Reflektion gesellschaftlicher Themen und den Austausch mit dem Betrachter, mithin die Anregung Politik und Verwaltung sich gesellschaftlichen Themen zu stellen. Die elementar einfache Bauweise sollte dabei nicht infrage gestellt werden, insofern wird die fundierte bautechnische Auseinandersetzung der Verfasser mit der Umsetzung gewürdigt.

"Paravent 3000"