Susanne Pittroff - "… in Bewegung"

Konzept: Repräsentative Räume, ebenso Gasträume wurden traditionell mit blau-weißen Kacheln ausgestattet. Motive und Kunstfertigkeit dieses Handwerkes spiegeln die Zeit und ihre Geschichte wieder. Dieses Gestaltungsprinzip nehme ich für den Speisesaal der Kantine auf.

Erläuterung 

Die zentrale Wand des Speisesaales mit großen Fenstern zur Wilhelmstrasse wird mit großformatigen Kacheln wandfüllend gefliest. Das Motiv auf den Kacheln zeigt die Makroaufnahme eines Mycels. Dieses feingliedrige Geflecht wiederholt sich insgesamt fünfmal in Folge.

Die Gegenständlichkeit der Abbildung ist stark reduziert und ergibt im Gesamtbild eine abstrakte Gestaltung. Wie eine wellenförmige Bewegung zieht sich die Struktur über die Wand.
Die Kacheln werden nicht senkrecht verlegt, sondern um 4 Grad geneigt.

Die Fugen heben sich gestalterisch ab und werden mehrfarbig und auch in unterschiedlicher Breite gesetzt betont.

Die etwas schräg gesetzten Kacheln und Fugen interagieren mit den senkrechten Bauelementen wie Säulen und Fenstern. Es entsteht Bewegung im Raum. Gleichzeitig hat das Motiv durch seine Großzügigkeit und den gleichmäßigen Rhythmus eine beruhigende Wirkung auf den Raum mit seinen unterschiedlichen Fenster- und Türöffnungen.

Der Eindruck auf dem Boden zu bleiben – im doppelten Sinne – wird vermittelt. Der Boden, unter unseren Füßen gerät ins Bewusstsein.
Das, was unter der Erde sich mit zahlreichen Fäden verwebt, vernetzt, sich gegenseitig nährt und stützt wird motivisch als Detail eines Mycels nach oben gebracht und auf der zentralen Wand des Speisesaals abgebildet.

Der Speisesaal ist ein Ort der Versorgung, der Bewirtung, der Pause, der Kommunikation. Seine Funktion als ein nährender Raum in mehrfacher Hinsicht findet somit eine subtile Entsprechung an der Wand.

Die leichte Schräge der Kachelstruktur und die Wandzeichnungen der Fugen gehen zudem eine Beziehung zur Architektur ein.

Die künstlerische Idee von Vernetzung als existentielles Grundprinzip  findet auf mehreren Ebenen statt und verweist vielschichtig auf sensible Strukturen unseres Seins, unserer Einbindung in die Geschichte und zukünftige Visionen.

Beurteilung durch das Preisgericht:

Die Arbeit überzeugt durch mit dem großzügigen Format der Fließen, der Bearbeitung der gesamten Fliesenfläche und der Referenz zu traditionellen Kachelwänden. Die Thematisierung des Myzels wird als eine interessante Idee angesehen. Als Motiv ist allerdings wenig dynamisch. Die vorgesehene Kippung aus der Achse im Kontrast zur Orthogonalität der vorhandenen Raumsituation wird ebenso wie der Bezug zum Außenraum positiv hervorgehoben.