Tobias Hantmann

Die drei in leicht differierenden Grautönen gehaltenen Bilder wirken ruhig und konzentriert.

Die feinen tonalen Zeichnungen innerhalb der Bildflächen, lenken die Aufmerksamkeit auf Details, auf Übergänge und auf die Stofflichkeit der Bildkörper.

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Was ist das? Was sind das für Bilder?

Der Boden dieser kompakten, flachen Vitrinen wird von Veloursteppichen überzogen. Ähnlich einer mit Samt ausgeschlagenen Schatulle birgt hier der Stoff jedoch keine edlen Gegenstände, sondern enthält in seine eigene Oberfläche eingeschriebene fragile „Motive“.

Anders beschrieben, werden hier Veloursoberflächen von metallischen Einrahmungen gefasst und mit Acrylglashauben vor Berührung und Staub geschützt. Diesen Flächen ist durch das Auf- und Niederdrücken des Flors eine tonal fein abgestufte Zeichnung eingeschrieben. Kein weiteres Material wird aufgetragen. Die seidige Oberfläche des Teppichs reflektiert das Licht. Dabei verschattet und verdunkelt der aufgestellte Flor die Fasern, während der glatt gestrichene Flor das Licht hell zurückwirft.

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Die beiden kleineren Formate zeigen jeweils die Darstellung einer linken und einer rechten Hand. Von oben und unten ragen diese Hände in die Bildfläche und scheinen selbst über die Oberfläche zu streichen, der sie ihre Gestalt verdanken.

Es sind textile Reliefs, deren Schattenwürfe durch die Deckenbeleuchtung und das Licht im Raum entstehen und dadurch an fotografische Belichtungen erinnern – Lichtbilder, die man eher mit Erscheinungen umschreiben will, als dass man von Abbildern sprechen möchte.

Noch mehr als die Bilder der Hände, entziehen sich dann die auf dem dreiteiligen, großen Bild festgehaltenen Spuren. Hier wird die indexikalische Sicherung der Spuren, die beim faktischen Berühren und dem Hantieren mit der Oberfläche entstanden sind, völlig offensichtlich. Zugleich verstärken sich damit Assoziationen an Fotokammer und lichtempfindliche Papiere, aber auch an Vorbilder informeller, gestischer oder performativer Malerei.

Besonders das körperliche Moment, der Bezug zum eigenen Körper und der Berührung der weichen Bildfläche bilden das Wesentliche dieser künstlerischen Intervention.

Man möchte die weiche Bildoberfläche berühren und seinen eigenen Abdruck hinterlassen. Zugleich wundert man sich über die Anmutung – dass dieses Material eine so ausdifferenzierte und überraschend plastisch wirkende Darstellung überhaupt zulässt. Das Spiel, das man selbst als Kind an Autorücksitzen, Wildlederjacken und auf Teppichböden spielte, und dessen Begrenztheit damals selbstverständlich schien, wird hier erweitert und überschwänglich weitergespielt.

Mögliche inhaltlich Implikationen und thematische Verbindungen dieser Bilder zum BKA sind:

Die Sicherung von Spuren für den Nachvollzug eines (Tat-)Hergangs.

Die Ausstellung einer Tat – das Abbild und dessen Analyse. Daktyluskopie, SpuSi, Sicherheitstechnik, Sachbeweis.

Es ist die Inszenierung und Verkörperung von Berührung.

Die Hand, die hier spielerisch Wände berührt, beschmiert, sich manifestiert. Weil es Bilder sind (die an der Wand hängen), kommen von selbst kunsthistorische Referenzbilder in den Sinn. Diese Bilder reflektieren ihre Tradition, figurativ und abstrakt, darstellend und gestisch, malerisch und fotografisch. Sie reflektieren die Methodik ihrer eigenen Bedingung und stofflichen Beschaffenheit. In ihrer Abfolge, ihrem Zusammenspiel bilden sie eine Erzählung über sich selbst.

Und in genau diesem Sinn betonen sie auch den Präsidialbereich als Ort der Reflexion, der Analyse und des Austauschs.

Die zurückhaltende Farbigkeit stützt die konzentrierte Atmosphäre und führt zur Sensibilisierung für Nuancen. Ich möchte drei leicht von einander abweichende Grautöne vorschlagen, weil deren Farbe gerade dann spürbar werden kann.

Außerdem finde ich es wichtig, dass es hier um drei singuläre Bilder geht, die dann im Zusammenspiel aufeinander treffen. Nicht seriell und repetitiv, sondern individuell und dennoch miteinander verbunden.

Ich habe über viele Jahre Erfahrung mit Veloursoberflächen gesammelt und mit deren Inszenierung und materiellen Eigenheiten experimentiert. Obwohl die der Oberfläche eingeschriebene Spur leicht und fast ephemer wirkt, weiß ich aus Erfahrung über die völlig überraschende Stabilität dieser Einschreibungen. Vor Berührung und Staub geschützt, ist die mechanische Spur im Flor unbegrenzt haltbar.

Es ist keine Wartung, jenseits der üblichen Reinigung wie bei allen anderen Innenraumoberflächen, nötig.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf wird vom Preisgericht für seine einfache, sinnliche und sensible Geste gelobt, die im weiteren Prozess der Diskussion zu vielschichtigen Assoziationen führt. Die Arbeit materialisiert eine performative Spur, die in ihrer Reduktion berührt. Das Plexiglas der Schaukästen wird als nicht ganz stimmig zu den Bildflächen aus Velours empfunden, welche sich die Jury zum Beispiel hinter Museumsglas besser vorstellen könnte. Das Plexiglas wird aber auch aus Gründen des Brandschutzes kritisch betrachtet.

Die Arbeit wird nochmal auf ihre Form hin betrachtet. Wird sich die Einprägung in dem Teppich dauerhaft erhalten? Der direkte Raumbezug wird in frage gestellt. Die Arbeit könnte überall ausgestellt werden. Nichtsdestotrotz gibt keinen konkreten Bezug zur Kunst am Bau. Es wird der Arbeit aber auch eine starke Wirkung zugesprochen, die unabhängig von dem Raumbezug ist.