Frances Scholz

Orion´s Belt – A Celestial Bridge 

Anlässlich des Kunst-am-Bau Wettbewerbs für das Bundeskriminalamt schlage ich eine dynamische Konstellation aus drei skulpturalen Arbeiten im Luftraum des Foyers vor. In ihrer künstlerischen Erfahrbarkeit greifen die Werke die Inhalte und Aufgaben des Ortes des Transits und der Begegnung sowie die spezielle international vernetzende Funktion des Bundeskriminalamts in Berlin auf. Während Orion‘s Belt - A Celestial Bridge sich ästhetisch-experimentell über eine von erhaben bis futuristisch anmutende Präsenz entfaltet, erstreckt sie sich vom Boden bis unter die Decke, alle Ebenen des Raumes öffnend und erhellend und die Modernität der Architektur reflektierend.

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Einem Sternenbild ähnelnd, bilden neun (3 x 3) unterschiedlich spiegelnde Flächen die Blickpunkte dieser Konstellation. Sie stehen durch einen regelmäßigen Rhythmus in Beziehung zu einander und formen einen Gürtel aus Lichtpunkten, der im Gang durch das Foyer durchschritten werden kann. Von den drei Punkten an der Decke, leicht gewölbte spiegelnde Metallscheiben, strecken sich hell-metallene, anthropomorphe „greifende Arme“ nach unten, den Betrachter*innen entgegen. Wie von animierten Fingern gehalten, schweben drei in einer progressiven Technik hergestellte Glaselemente im Luftraum, über den Köpfen ihres Publikums. Diese entstehen im Verbund von dichroitischem Filterglas, VSG Verbundglas aus TVG als Trägerglas und einem Verfahren der dreidimensionalen Heißverformung und leuchten bei der Brechung von Lichtstrahlen farblich changierend. Die Kombination des dynamischen Wandels des natürlichen Lichts der Jahres- und Tageszeiten mit dem künstlichen Raumlicht, das auf das Glas fällt, verändert die Farberscheinung (siehe u.a. Abb. 2.2. und Original Glasprobe) und wirft immer neue farbige Reflektionen auf den Umraum. So werden die umgebenden Menschen zu einem zentralen Teil des Kunstwerks, da die optische Wirkung von ihren Standpunkten bestimmt wird und die Lichtreflexe um sie herum geschehen. Der menschliche Körper und seine Sinne werden ins Zentrum gerückt, wenn er den Skulpturen entgegentritt, sich unterhalb der schwebenden Elemente positioniert oder hindurchläuft. Das Emporsteigen auf die Balustrade erweitert die Sichtbarkeit durch die Aufsicht auf die Farbfilter-Spiegelseite (siehe Abbildungen 2.9). Unter den schwebenden Glasflächen befinden sich drei durch farbige Schichten grünlich schimmernde Rundscheiben aus trittfestem Glas, die bündig in den Terrazzoboden eingelassen sind. In der Wechselbeziehung der vertikal unter einander liegenden Flächen entsteht der Eindruck dreier Lichtsäulen, die durchquert werden können. Die von Objekt zu Objekt variierende Motivik der Glasobjekte entspringt der künstlerischen Beschäftigung mit Schattenwürfen und verbindet, wie auch die Skulpturen, konzeptuelle Abstraktion mit figuraler Anmutung.

Orion‘s Belt greift wesentliche Aspekte des Empfangsraums – der Architektur wie auch der Funktion – auf. Die futuristischen Oberflächen und Anmutungen der Kunstobjekte spiegeln die Modernität der neuen Gebäudekomplexe und die stringente vertikale Ausrichtung ergänzt die Gliederung des Foyers durch die Fassaden- und Raumstützen und bereichert so den Rhythmus der Räumlichkeiten. Darüber hinaus wird die bestehende Architektur durch die korrelierenden spiegelnden Flächen an der Decke und dem Boden vertikal geöffnet und eine optische Unendlichkeit erzeugt.

Neben der visuellen Bereicherung des Wegs zu anderen Gebäudeteilen wird, in der direkten Präsenz auf den im Boden eingelassenen Glasscheiben stehend, eine körperliche wie geistige Interaktion mit den Objekten und so das assoziative Überschreiten des Alltäglichen gefördert. Auf fantastischer Ebene des Gedankens an futuristische „Ladestationen“, „Teleportationsstrahlen“ oder außerirdische Reisende wird das transitorische Moment des Foyers aufgegriffen, um auch den Geist der Flexibilität und des notwendigen Humors der Mitarbeiter*innen mitschwingen zu lassen. Auf einer praxisnahen Ebene umhüllt das Werk, als übernatürliches zeitloses Netzwerk über den Menschen schwebend, scheinbar schützend den Raum und steht für die Verbindung über verschiedene Zeitzonen und Funktionen hinweg und für das gemeinsame Ziel des BKA. Gleichzeitig erinnert die Form der konvexen Deckenelemente, in deren Hintergrund die Geschichte von Kampf- und Schutzausrüstungen steht, an die Notwendigkeit des ständigen Austarierens des Rechtes. Das kritische Potential des Projekts steht im offenen Dialog mit einer ansonsten künstlerischen Fiktion.

Einen Ort zur Ankunft und für gemeinsame Assoziationen und Erfahrungen bietend, ist Orion‘s Belt für die Besucher*innen und Mitarbeiter*innen im Einsatz