L+S (Lutz-Rainer Müller & Stian Ådlandsvik)

Schwund

Ausgangspunkte für diesen Entwurf sind das BKA als Institution, die architektonische Situation um das Besprechungszentrum und die frühere Nutzung des Gebäudekomplexes durch die Versorgungsunternehmen Bewag und Vattenfall. 

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In dem gesamten vorgegebenen Luftbereich der Gänge um das Besprechungszentrum soll eine Installation aus 360 Grad abstrahlenden LED Lichtschläuchen von den T-Trägern abgehängt werden, welche unregelmäßig in Knoten oder Schlaufen verwickelt als dreidimensionale Lichtzeichnung wahrgenommen werden kann. Die LED-Emitter sind in aufgeschlitzte Kabelisolierungen von Stromleitungen eingelegt, welche durch ihre Materialität, Statik und Bewegung vorgeben. Ummantelungen von Kupferkabeln sind in der Regel Zeugnisse von Kupferdiebstahl und oft zu finden in den Peripherien urbaner Räume. Die Verknotungen der Lichtinstallation steht in Analogie zur Situation ihrer Auffindung. Der aufgeschlitzte Schlauch umhüllt das Licht in unterschiedlichem Umfang. Es entsteht eine sinnliche Graduierung zwischen Schwarz und Weiß.

Unter der Lichtinstallation werden die Bewegungen im Boden der Gänge durch in den Terrazzoboden eingestreutes Kupfergranulat übertragen.

Als leitendes Element erfahren die Kupferteile im Boden der Gänge um das Besprechungszentrum eine mehr sinnbildhafte Deutung. Als wären sie aus den Isolierungen geregnet und geschmolzen verbinden sie außerdem gedanklich den Raum zwischen Boden und Decke bzw. Licht. Das zu Granulat geshredderte Kupfer verweist auf das Recycling der ursprünglichen Kabel.

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Zusammen mit Gold, Silber und Zinn gehört Kupfer zu den ersten Metallen, welche die Menschheit in ihrer Entwicklung kennenlernte. Es ist leicht zu verarbeiten und ist bereits in 10.000 Jahre alten Kulturen zu finden. Die ersten Spiegel sind aus Kupfer gefertigt worden. Als stromleitendes Metall wird es Heute für Versorgung und Verständigung genutzt. Der steigende Energiebedarf hochtechnisierter Gesellschaften beeinflusst auch die Nachfrage nach Kupfer, welches als Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung auch als „Wohlstands-Metall“ bezeichnet wird.

Kupferdiebstahl als Teil organisierter Kriminalität ist ein lukratives Geschäft, jedoch lohnt es sich nur in großen Mengen und mit guter Vernetzung für den Absatz. Spuren dieser Art der Kriminalität sind jedoch auch im Kleinen zu finden.

In abgelegenen Orten finden sich oft Anhäufungen aufgeschlitzter Ummantelungen von Stromkabeln in unterschiedlichen Farben und Größen. Sie sind Zeugnisse menschlicher Handlungen im Verborgenen. In mühevoller Arbeit wurde Wertvolles von Wertlosem getrennt, zurückgelassen wurde das Wertlose.

Die zweiteilige Installation beleuchtet gleichzeitig die Architektur des BKA und leere zurückgelassene Hüllen als Spuren von Verbrechen. Auf poetische Weise wird sowohl auf die vorherige Nutzung des Gebäudes verwiesen als auch auf die Aufgaben und Zielsetzungen des Bundeskriminalamtes. Die Lichtknoten und Verwebungen bespielen organisch auffällig den vorgegebenen Luftraum der Gänge und kontrastieren mit der gradlinigen Klarheit der umgebenen Architektur. 

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf begeistert durch seine Eigenwilligkeit, die Eleganz und dystopische Wirkung. Der Ansatz, ein armes, schon benutztes Material mit einzubeziehen, ist sympathisch. Es wird allerdings auch direkt auf die Brandlast hingewiesen, die das Material darstellen würde. Das Material ist brennbar und kann unter keinen Umständen verwendet werden. Eine weitere Frage stellt sich durch die Wahrnehmung der Installation über Kopf.

Die Arbeit ist als Raumsetzung überzeugend spröde und widerspenstig. Sie besticht durch die skulpturale Qualität der Verformung. Das Material der Schläuche kann wegen des fehlenden Brandschutzes so leider nicht eingesetzt werden. Die Arbeit wäre in einem Museumsraum besser aufgehoben.