Tom Früchtl 

Den Wald vor lauter Bäumen 

nicht sehen...so geht es uns immer wieder, wir sind den Dingen so nah, dass wir sie scheinbar nicht erkennen. Dieses Phänomen thematisiert die Wandarbeit für die Magistrale des Gebäudes an der Puschkinallee in Berlin. Polizeiarbeit ist Recherche, Zusammenhänge herstellen und vielleicht manchmal ähnlich wie in einem Puzzle, Versatzstücke zusammenfügen. 

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Diese scheinbare abstrakte Farbgestaltung hat allerdings einen konkreten Hintergrund bzw. ist eindeutig codiert. Grundlage sind Fragmente von Comicvorlagen, die Panzerknacker und die Daltons. Die Ausschntte aus den bekannten Comics sind derart hochskaliert, dass sie zu abstrakten Farbmustern werden und auf den ersten Blick nicht erkannt werden können.

Würde man weit zurücktreten, könnte man die Verbrecher vielleicht erkennen.

Diese Arbeit spielt mit Erkennen, mit Perspektive, fragmentieren und defragmentieren. Auf humorvolle Weise wird hier ein Aspekt der Arbeit von BKA Beamtinnen und Beamten gespiegelt. Das Zusammensetzen eines Gesamtbildes aus unterschiedlichen Teilen.

Die Magistrale, die Hauptschlagader des Gebäudes ist Durchgangsraum, Ort der Begegnung und Ruhezone. Durch den entschiedenen Eingriff und die Farbigkeit soll sich dieser Teil des Gebäudes von der alltäglichen Raumwahrnehmung bewußt absetzten. Beim Wechseln vom Büro in den Flur, beim Verlassen der Aufzüge oder einfach nur bei einer Tasse Kaffee, sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in eine andere Welt entführt werden, ihr Blick abgelenkt werden. Vielleicht lassen sich für einen Moment Gedanken ablenken, um den Blick auf die eigene Arbeit wieder zu erfrischen, oder einfach nur ein Lächen auf die Gesichter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zaubern!

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Die Wandgestaltung entlang der Wände der Flure der Magistrale und an den Fensterlaibungen der beiden Brücken setzt auch einen deutlichen Kontrapunkt zum Farbkonzept des Gebäudes.

Den Blau und Grautönen, die die Farbigkeit des gesammten Gebäudes bestimmen, werden kräftige Farben entgegengesetzt. Nicht bunt aber farbig soll der Eindruck in den Fluren und Aufenthaltsbereichen sein! Ebenso soll durch Farbe der Raum visuell erweitert werden.

Um die Flure nicht abzudunkeln wird darauf geachtet, die großen Flächen in sehr hellen Töne zu halten. Die Wände gegenüber den schmalen Flurbereichen werden mit reflektierender Effektfarbe gestrichen, um die Farbflächen zusätzlich zu beleuchten, gleichzeitig spiegeln sich die Farben zart in diesen Flächen und changieren, wenn man sich im Gang bewegt.

In den Brücken werden an den Fensterlaibungen Fragmente einer Zielscheibe aufgemalt, es ergibt sich aus einer Perspektive das Bild dieser Zielscheibe als Anamorphose, bewegt man sich auf die Tür zu, zerfällt dieses Bild wieder, ähnlich wie ein Gedanke, der sich verflüchtigen kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit macht Spaß, weil sie jeden abholt und viele Qualitäten in sich birgt. Der ganze Raum wird bespielt. Die Form von Dekonstruktion in den Motiven findet eine interessante Anwendung, weil die Versatzstücke eine Eigenständigkeit haben und sich wieder neu zusammensetzen. Der Titel der Arbeit wird kritisch befragt.

Die Zitate aus den Comics schaffen einen Bezug, der alle Generationen anspricht und keine ikonografische Schwere verursacht. Die Kommunikation in dem Bereich wird unterstützt. Der Entwurf geht über eine gute Art und Weise über die Architektur hinweg. Die Begrifflichkeiten in Form der Motive tauchen selten auf, wodurch die Arbeit mit ihrer Farbigkeit direkt auf sinnliche Art und Weise wirken kann.

Der Entwurf könnte für das BKA Sinnbild für einen Paradigmenwechsel werden. Die Arbeit spricht auch die neue Generation an.